Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 80

abspielen. Auch ich habe das mitbekommen, es ist keine Kleinigkeit, speziell für einen ÖVP-Funktionär, Minister oder Bauernvertreter, sich dort hinzustellen und zu argumentieren, welche Veränderungen es geben muß.

Daß dabei der Zeitfaktor eine wichtige Rolle spielt, ist unbestritten. Und wir wissen natürlich auch, daß es nach wie vor so etwas wie einen Mythos des Bäuerlichen gibt. Die Äußerung der Kollegin Horngacher über ein bißchen Überschuß war ja nicht unberechtigt. Viele denken noch an die Zeit der Kriegswirren, an Hunger und Not und so weiter. Daher ist es auch ein Mythos, und das ist auf alle Fälle einmal zur Kenntnis zu nehmen.

Aber wie ist nun vorzugehen, um ein Reformbewußtsein unter den Betroffenen, unter den Produzenten, den Konsumenten und den Steuerzahlern herzustellen, damit es wirklich zu diesen Veränderungen kommt, die ja unser Ziel sein müssen, denn Europa kann letztendlich nicht nur eine Einrichtung sein, die Agrarsubventionen verteilt, sondern wir müssen an den Standort Europa denken, wir müssen an wichtige Investitionen im Sinne technologischer Innovationen denken, wir müssen an den Industriebereich denken, und es gibt noch sehr viel mehr, was wir zu berücksichtigen haben.

Kommissar Fischler und natürlich auch andere haben sich daher Gedanken über Reformen gemacht, aber das Resümee und die Kommentare vieler lauteten: Das war nicht durchsetzbar! – Nicht einmal dieses Minimalprogramm, geschweige denn eine richtige Reform! Dazu gäbe es noch viel mehr anzumerken. Minister Molterer könnte sicherlich von Initiativen von Chirac sowie anderer Staatschefs und Agrarminister erzählen und darüber, welch kompliziertes Balancieren der Interessen erforderlich ist, um sich durchzusetzen.

Genau das aber fehlt mir bei der FPÖ, deren Vertreter von diesem Rednerpult aus so tun, als könnte Politik in diesem Bereich – nicht nur in diesem, aber besonders in diesem Bereich – linear vorgehen, als würde es genügen, wenn sich der politische Vertreter, also der Landwirtschaftsminister oder der Finanzminister, hinstellt und sagt: Vernünftig ist ..., daher fordere ich ...! – Leider ist es oft so, daß sich der politische Konsens nicht immer ausschließlich danach orientiert. Aber zu denken sollte es geben. (Ruf bei den Freiheitlichen.) – An der Durchsetzbarkeit orientiert!

Es wird Ihr Landeshauptmann Haider demnächst in Kärnten beweisen müssen, wo die Grenzen seiner Durchsetzungskraft sind, und dann werden Sie von uns ganz lange Listen präsentiert bekommen, über die wir, falls Sie Lust haben, auch hier im Parlament diskutieren können. Jedenfalls werden Sie sie von uns serviert bekommen. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.)

Das Problem ist daher: Wenn sich in den Gefrierhäusern, wie es, fast resignierend, in einem sehr interessanten Artikel steht, 500 000 Tonnen unverkäufliches Rindfleisch stapelt, wenn es bei der Milchproduktion jetzt schon eine 20prozentige Überproduktion gibt, man in Wirklichkeit aber akzeptiert, daß die Produktionsquoten bereits in den kommenden Jahren um fast 1,4 Millionen Tonnen steigen werden (Abg. Wenitsch: 4,8 Millionen Tonnen!), wenn man sich nicht traut – und das ist immer die Quintessenz all dieser Analysen –, dieses planwirtschaftliche System mit seinen Quoten, Stillegungen, Preisregulierungen und all dem, was vielleicht zum Teil berechtigt ist, wenigstens einmal in der Diskussion zu reformieren, wenn man sagt, wir wollen keine Absatzkolonie anderer Produktionsgebiete sein, die mit ihren industriellen Produktionsstätten im Agrarbereich viel billiger produzieren können, dann muß man es aber klar und deutlich sagen! Dann muß auch die Opposition akzeptieren, daß das eine Art Grundkonsens ist, und dann muß man natürlich in diesen Verhandlungen auch gegenüber der Welthandelsorganisation geschlossen vorgehen.

Aber in jenen Bereichen, in denen man versuchen muß, Veränderungen durchzuführen, damit man sich mehr an die Marktlogik anpaßt, hat man zwar Bündnispartner aus dem Bereich der Bauern, der Konsumenten, der Steuerzahler, aber auch Gegner, teilweise in der Bürokratie – weil die ja froh ist, daß es das alles gibt, lese ich, denn es muß kontrolliert und verwaltet werden –, anscheinend im Handel, und zwar in der Mitte der Kette, denn es muß ja Gewinner geben, irgendwohin müssen die Mittel ja fließen, sonst müßte man nicht dauernd herumrennen


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