Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 166. Sitzung / 175

Das alles wissen Sie. Sie wissen um jene zwei Schreiben, Sie wissen, daß Österreich ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zu erwarten hat, Sie wissen, daß Luxemburg schon im Jahre 1994 verurteilt worden ist – und trotzdem machen Sie nach wie vor das gleiche wie vor vier, fünf Jahren, als diese Fragen von uns zum ersten Mal eingebracht wurden: Sie verweigern sich! Sie sind nicht bereit, den ausländischen Staatsangehörigen diese Rechte zuzugestehen, obwohl sie ihnen zustehen, ganz egal, ob es dabei um EU-Staatsbürger geht oder um Nicht-EU-Staatsbürger. Sie brechen europäisches Recht, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien!

Wir haben Ihnen das schon oft gesagt. Sie haben die Konsequenzen zu ziehen. Deshalb halten wir die erste Lesung für sinnvoll.

Wäre die EU-Kommission im Moment nicht in einer dermaßen bedauernswerten Lage, weil sie mit sich anstelle mit den Problemen Europas beschäftigt ist, ich glaube, die Strafe für Österreich würde auf den Fuß folgen. Die Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof ist so sicher wie das Amen im Gebet. (Beifall bei den Grünen.)

20.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.21

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Öllinger! Sie haben mit den Ereignissen in der Hauptwahlkommission in Vorarlberg begonnen. Es geht aber jetzt eigentlich um die erste Lesung eines Antrages betreffend das generelle – wie ich Ihrem Antrag entnehme – Ausländerwahlrecht bei der Arbeiterkammerwahl. (Abg. Dr. Kier: Ja, das stimmt!)

Ich muß einmal einräumen, daß dieser Sachverhalt nicht ganz einfach ist und daß es dabei sehr viele Für und Wider gibt. (Abg. Öllinger: Nein!) O ja, ich werde Ihnen das sofort auseinandersetzen. Erstens einmal teile ich Ihre Meinung, daß klar ist, daß EU-Staatsbürger und in weiterer Folge ... (Abg. Öllinger: Sie haben Gegenteiliges beschlossen!) Eben nicht! Ich werde das sofort ausführen.

Ich teile Ihre Meinung, daß klar ist, daß EU-Staatsbürger und EWR-Staatsbürger das passive Wahlrecht bei der Arbeiterkammer haben. Warum? – Es gibt das Luxemburger Urteil, wie Sie selbst erwähnt haben, und es ist klar, daß immer das gesamte Gesetzeswerk und nicht ein einzelnes Gesetz zu sehen ist. Wenn man das gesamte Gesetzeswerk sieht, so kann man, wie Sie es ohnehin getan haben, daraus ableiten, daß natürlich EWR-Staatsbürger und EU-Staatsbürger das passive Wahlrecht haben. (Abg. Öllinger: Aus dem Arbeiterkammergesetz kann man das ableiten? Sicher nicht!) Aus dem gesamten Regelwerk – Arbeiterkammergesetz plus dazugehörige EU-Bestimmungen plus Luxemburger Urteil –, aus all diesen Rechtswerken ergibt sich dieses Wahlrecht, auch wenn es nicht explizit im Gesetz steht. (Abg. Öllinger: Warum schreiben Sie es dann nicht hinein?) – Soviel erstens.

Der zweite Punkt – und um diese Frage geht es in Wirklichkeit in Vorarlberg – ist das passive Wahlrecht für Drittstaatenangehörige. Da muß man wieder auf der einen Seite Drittstaatenangehörige, die Staatsbürger eines Staates sind, mit dem Österreich ein Assoziationsabkommen abgeschlossen hat, und auf der anderen Seite Staatsbürger von Staaten, mit denen Österreich ein solches Abkommen nicht abgeschlossen hat, unterscheiden. Im ersten Fall, also in dem Fall, daß Österreich ein Assoziationsabkommen abgeschlossen hat – zum Beispiel im Fall der Türkei –, steht in diesem Abkommen, daß – in diesem Fall, als Beispiel nur – für türkische Staatsbürger die Arbeitsentgelte und die sonstigen Arbeitsbedingungen gleichrangig zu sein haben.

Die wirkliche Frage ist: Was sind "sonstige Arbeitsbedingungen"? (Abg. Öllinger: Das ist keine Frage mehr!) Das ist schon eine Frage! (Abg. Öllinger: Nur noch für Sie!) Das ist nicht ausjudiziert, und daher gibt es auch keine Sprüche, kein EuGH-Urteil et cetera. (Abg. Öllinger: Aber 14 europäische Länder, die das anders handhaben!) – Ist ja nicht wahr!


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