Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 18

"Die Leukoplast-Knebel kamen bisher ausschließlich bei Schwarzafrikanern zum Einsatz. Stortecky: ,Wir hatten im Vorjahr neun Nigerianer zur Abschiebung, und alle neun haben sich massiv gewehrt.‘ Bei den restlichen 1.120 Asylanten, die per Flugzeug ausgewiesen wurden, war dieses Mittel nicht notwendig." (News vom 6.5.1999, Seite 11)

"Abteilungsleiter Wilfried Kovarnik, dem auch die Wiener Fremdenpolizei unterstellt ist, hält die Verwendung von Klebebändern als ,gelinderes Mittel‘ im Sinne des Waffengebrauchgesetzes für gerechtfertigt." (Standard vom 5.5.1999)

"Die drei Beamten haben gegen keine österreichische Gesetze verstoßen. ... eine unübliche Maßnahme, die nur ganz selten angewendet wird." (Generaldirektor für öffentliche Sicherheit im ORF-Interview für Zeit im Bild am 2.5.1999)

"Die Beamten hätten eigenständig entschieden, als sie dem Mann den Mund verklebten. Sika räumte aber ein, das eine solche Maßnahme bereits mehrmals angewandt wurde." (Standard vom 4.5.1999)

"Weniger überrascht schien der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Michael Sika. Selten, aber doch immer wieder, wehrten sich abgewiesene Asylwerber derart gegen ihre Abschiebung, dass den Beamten gar nichts anderes übrig bliebe, als sie zu fesseln und zu knebeln. Vor allem mit Schwarzafrikanern gäbe es Probleme." (Salzburger Nachrichten vom 4.5.1999)

",Dieses Klebeband ist seit Jahren verwendet worden.‘ Diese Aussage stammt von Josef Kleindienst. Der Polizist und freiheitliche Gewerkschafter erklärte im Gespräch mit der Presse, dass der Fall des Nigerianers Marcus Omofuma kein Ausnahmefall war." (Presse vom 5.5.1999)

In einer Pressekonferenz am 1.10.1998 machte SOS Mitmensch Oberösterreich auf diese Foltermethoden aufmerksam: "Um 15.00 Uhr, etwa auf der Höhe von Tunis am Flug nach Accra verlangt A.P. die Toilette zu besuchen. Die Verrichtung der großen Notdurft wurde ihm verweigert (keine Abnahme der Fesselung, Gefahr der Verschmutzung). A.P. trat trotz Hand- und Fußfesselung gegen die Vordersitze; er wurde daraufhin am Sitzgestell fixiert. Als A.P. sich durch Schreie zur Wehr setzt, wird ihm der Mund mit Leukoplast verklebt, obwohl die Lippe durch einen Schlag bereits blutete."

Auch Innenminister Dr. Franz Löschnak rechtfertigt in der Anfragebeantwortung (4790/AB zu 4861/J) im Jahre 1993 das Verwenden von Klebebändern zum Verschließen des Mundes mit der Verletzungsgefahr für den Fremden sowie das Sicherheitsorgan.

Gemäß Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Das Fesseln und Knebeln von Schubhäftlingen, wie es in den letzten Jahren immer wieder praktiziert wurde, ist organisierte Klebefolter.

Der Innenminister beteuerte in den letzten Tagen immer wieder von den Misshandlungen auf dem Schubtransport nichts gewusst zu haben. Er fühle sich keiner persönlichen Schuld bewusst. Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Innenminister zumindest ein "Organisationsverschulden" anzulasten ist. Der Innenminister hat für das Funktionieren seiner Organe und ihr rechtmäßiges Handeln zu sorgen.

Dem Innenminister kann der Vorwurf nicht erspart bleiben, sein Ministerium nicht im Griff zu haben, wenn er behauptet, dass er von diesen Vorgängen nichts gewusst habe. Er ist offensichtlich nur mehr Erfüllungsgehilfe von mächtigen Beamten. Wer diesen Beamten zuwider handelt und an den bestehenden Strukturen kratzt, wird abgesetzt. Überlebenschance hat offensichtlich nur ein willfähriger Minister, als der sich inzwischen Karl Schlögl erweist. Die Zeitungsberichte belegen, dass es sich bei dem Tod von Marcus Omofuma nicht um einen tragischen Einzelfall handelt. Fesseln und Knebeln war offensichtlich gängige Praxis, von der nur der Minister nichts wusste. Verletzungen im Zuge der Misshandlungen werden in Kauf genommen und mit "Widerstand gegen Staatsgewalt" gerechtfertigt.


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