Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 29

In diesem Zusammenhang, Herr Bundesminister, möchte ich noch folgendes erwähnen: Sie werden im "FORMAT" von heute mit folgender Aussage zitiert: "Ja, natürlich soll man sich informieren, aber wahrscheinlich hätte ich nicht erfahren, daß es diese Mißstände gibt." – Gibt es etwas Entlarvenderes als das? (Abg. Smolle: Also braucht man einen Ausschuß! – Abg. Koppler: Gib eine Ruh’!) – Ich würde mich freuen, wenn Sie das kurz kommentieren, Herr Bundesminister. (Abg. Smolle: Wenn wir das nicht wissen, dann brauchen wir einen Ausschuß! – Abg. Koppler: Gib eine Ruh’!)

Unabhängig davon, daß Sie den Bundeskanzler und Parteivorsitzenden der SPÖ in die Verantwortung für Ihr Haus eingebunden haben, bleibt die unmittelbare heutige Verantwortung für die Maßnahmen, die jetzt zu setzen sind, bei Ihnen und nicht beim Bundeskanzler. Wir erwarten von Ihnen zumindest, daß Sie nicht die kleinen Beamten opfern, sondern mit Entschlossenheit gegen Ihre Spitzenbeamten durchgreifen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

16.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile jetzt dem Herrn Bundesminister das Wort.

Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. Ich mache darauf aufmerksam, die elastischere Formulierung des § 93 (4) der Geschäftsordnung ist absichtlich so gewählt worden, weil es möglich ist, daß eine Anfrage so viele Fragen enthält, daß man sie eben in 20 Minuten nicht beantworten kann, und dann soll die Redezeit nicht Grund dafür sein, daß Fragen unbeantwortet bleiben.

In diesem Sinne bitte ich um Ihre Ausführungen, Herr Bundesminister.

16.23

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! (Rufe von der Galerie: Abschiebung ist Folter! Abschiebung ist Mord! Bleiberecht für alle und sofort! – Von der Galerie werden Flugzettel ins Plenum geworfen. – Anhaltender Beifall und Bravorufe von der Galerie.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich stelle die Uhr noch einmal ein. Am Wort ist der Herr Innenminister! (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich wiederhole, daß der Herr Bundesminister am Wort ist. Ich kann nicht sehen, was die Freiheitlichen daran stört, daß ich dem Herrn Bundesminister das Wort erteile! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lassen Sie die Galerie räumen! Lassen Sie die Galerie räumen! – Abg. Böhacker: Das ist eine Gefährdung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

16.24

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl (fortsetzend): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Vor den schrecklichen Ereignissen am Abend des 1. Mai habe ich einen Tod wie den des Herrn Marcus Omofuma in Österreich für undenkbar gehalten. Ich bedauere diesen Tod zutiefst und bin überzeugt davon, daß alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ressorts ebenso fühlen. Ich bin persönlich sehr betroffen, und ich möchte diese Betroffenheit sowie meine Anteilnahme auch gegenüber den Angehörigen des Toten zum Ausdruck bringen.

Hohes Haus! Ich habe vor mehr als zwei Jahren mein Amt als Innenminister der Republik Österreich mit dem Ziel angetreten, Brücken zu bauen und nicht zu polarisieren – Brücken zwischen den Menschen und ihrer Exekutive, Brücken zwischen der Ressortführung und den Beamten, aber auch zwischen den politischen Fraktionen, dem Ressort und mir als politisch Verantwortlichem.

Die öffentliche Debatte rund um den tragischen Tod war in den letzten Tagen teilweise von sehr harter Wortwahl, von persönlichen Angriffen und von pauschalen Vorwürfen geprägt. Es ist meine feste Überzeugung, daß diese Art von politischer Diskussion vom überwiegenden Teil der Österreicherinnen und Österreicher nicht gewollt wird. Sie wollen vielmehr eine schonungslose Aufklärung der Umstände des Todes und Konsequenzen für die Zukunft.


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