Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 41

Herr Bundesminister! Sie hätten mit Ihrem Redebeitrag mehr deeskalieren können. Wie gesagt, wir haben zur Kenntnis genommen, daß sich im Bereich der Großdemonstrationen, im Bereich der Einsatzleitung vieles verbessert hat. Aber ich habe den Eindruck, ich habe oftmals schon in diesem Haus – der Herr Präsident weiß es – im Zusammenhang mit der Fremdensektion harte Worte verwendet. Und ich stehe zu dieser Kritik. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich stehe zu dieser Kritik!

Herr Bundesminister! Ich hätte mir insbesondere zu der Frage, wer denn die Anfragen mit den Klebebändern beantwortet hat, mehr von Ihnen erwartet. Sie können nicht nur auf Ihre Vorgänger verweisen und sagen: Davon weiß ich nichts! Ich wundere mich auch darüber, daß Ex-Bundesminister Löschnak offenbar nicht vorhat, heute ans Redepult zu treten. Ich hätte mir das eigentlich von ihm erwartet.

Herr Bundesminister! Sie haben einmal mehr etwas nebulos das Vorurteil verstärkt, es ginge irgendwie um Migrationspolitik, sogar um ungeregelten Zuzug. – Nein, Herr Bundesminister! Darüber reden wir heute nicht. Wir reden nicht über Strafmandate, nicht über 7,8 Millionen Amtshandlungen, nicht über die Migrationspolitik, wir reden über die Praxis der Abschiebungen, wir reden über die Mißachtung von Menschenrechten, und das ist die einzige Debatte, die hier und heute zu führen ist! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Ich sage Ihnen noch etwas. Sie haben besonders die sexuelle Gewalt angesprochen, die jetzt als Asylgrund anerkannt wird. Sie sind aber offenbar auch in diesem Punkt nicht wirklich gut informiert. Es gibt in allen Bereichen Vorkommnisse, aus denen ersichtlich ist, daß nachweislich sehr locker – zu locker! – über Einzelfälle drübergegangen worden ist.

Wenn es zum Beispiel sogar möglich war, daß im Oktober 1998 eine Kosovo-Albanerin um 5 Uhr früh von der Polizei aus der ehelichen Wohnung und von ihrem Ehemann weggeholt, ins Spital geführt und dort praktisch unter Polizeibewachung "gynäkologisch untersucht" wurde – das alles ist durch die Medien gegangen –, dann frage ich Sie schon, Herr Bundesminister: Wie schaut es wirklich mit dem Schutz in diesem Land aus? Und erst recht in jenen Fällen, in denen es vielleicht zu Recht kein Asyl gibt, frage ich Sie: Wie schaut es mit der Wahrung der Menschenrechte und der Menschenwürde aus, wenn nach den Gesetzen von den Beamten eine Abschiebung vorzunehmen ist?

Es geht um den Rechtsstaat, und ich habe – ich wiederhole es – zwar den Eindruck, daß sich in manchen Bereichen etwas verbessert hat – Herr Bundesminister, Sie haben von den Brücken zwischen der Polizei und der Bevölkerung gesprochen –, muß aber feststellen, gerade im Fremdenbereich ist dies nicht der Fall! Das ist in meinen Augen besonders dramatisch und tragisch – das hat sich im Fall Omofuma gezeigt –, auch deswegen, weil Fremde Menschen sind, die keine BürgerInnenrechte haben und denen daher manche Rechtsmittel und Rechtsinstitute, insbesondere die Möglichkeit, sich auf Dauer aus dem Inland zur Wehr zu setzen, nicht offenstehen.

Daher wäre es Ihre Verpflichtung, Herr Bundesminister – lange schon! –, im Rahmen einer Sicherheitsakademie, im Rahmen von Schulungen in diesem Bereich besonders Sorge dafür zu tragen, daß mit äußerster Sensibilität gehandelt wird und daß dort nur Menschen tätig sind, denen die Rechtsstaatlichkeit, die Grund- und Freiheitsrechte ein zentrales, ja, ich möchte sogar sagen, ein heiliges Anliegen sind. Niemand sonst darf in diesem Bereich arbeiten und tätig sein.

Herr Bundesminister! Es sind keine Einzelfälle, es gibt zu viele Verstöße, und sie sind alle in diesem Bereich angesiedelt. Ich denke, das hätte schon lange Ihre politische Verantwortung und Ihre Oberaufsicht auf den Plan rufen müssen.

Wenn ich mir jetzt Ihren Maßnahmenkatalog in Erinnerung rufe, dann muß ich sagen: Da ist schon einiges drinnen, über das wir tatsächlich ernsthaft diskutieren sollten, aber ein großer Irrtum liegt noch immer vor: Es geht nicht um die Technik des Abschiebens, es geht nicht um Stoffbänder statt Klebebändern, es geht nicht um Helme statt Tixo oder Leukoplast, sondern es geht um Menschenrechte, es geht um Reden, es geht um Dialog, es geht auch um den Ver


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