Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 56

Meine Damen und Herren! Hier zu sagen, daß schon bei Löschnak im Jahre 1993 aus dieser Anfragebeantwortung eine Bestätigung dafür herauszulesen ist, daß das gang und gäbe sei, bleibt wohl wirklich nur Ihnen überlassen. (Abg. Wabl: Weil Sie die Frage 6 nicht gelesen haben!) Ich weise das entschieden zurück, Herr Abgeordneter Wabl. Da müssen Sie schon bessere Argumente finden. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Wabl: Sie haben die Frage 6 nicht gelesen! Sie haben sich schon dem Haider angepaßt! Die Frage 6 sollten Sie lesen! Die Frage 6, Herr Leikam! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Innenminister Schlögl hat seine Antworten auf die heutige Dringliche Anfrage so begonnen: Ich bedauere diesen Tod zutiefst, und ich bin überzeugt, daß alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ressorts so fühlen wie ich. – Ich glaube, dem ist von der persönlichen Betroffenheit des Ministers und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter her eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Grünen und den Liberalen, das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, ist das Ihre Sache. Aber ich habe in den letzten Tagen und auch in der heutigen Debatte bei meinen Vorrednern schon das Gefühl gehabt, daß es Ihnen ja gar nicht so sehr um die Sache selbst geht, sondern Sie haben einfach ein Ziel vor Augen: Sie sehen jetzt durch diesen Vorfall, so bedauerlich er auch sein mag, eine ganz große Chance, die österreichische Fremdengesetzgebung wieder zu ändern. Diese Chance erkennen Sie, und diese Chance wollen Sie umgesetzt wissen durch Ihre Aktivitäten in den letzten Tagen.

Es geht Ihnen nicht wirklich um die Sache, es geht Ihnen darum, daß die Fremdengesetze geändert werden müssen und daß dieser Minister, der sehr erfolgreich ist und der in der Öffentlichkeit ein enorm hohes Ansehen genießt, weg soll. Der muß weg! Da müssen Anträge eingebracht werden. Da wird alles versucht, persönliche Angriffe tief unter der Gürtellinie wurden hier in den letzten Tagen geführt. Er muß weg und die Fremdengesetze müssen geändert werden!

Ausgerechnet Innenminister Schlögl, dem es wirklich zu verdanken ist, daß wir in der Fremdengesetzgebung gute Gesetze haben, die international Anerkennung finden, die auch für die Betroffenen selbst gute Gesetze sind, die, wenn ich die letzte Novelle des Fremdengesetzes aus dem Jahre 1997 hernehmen darf, auch die ungeteilte Zustimmung des UNHCR-Beauftragten, Herrn Blatter, bekommen haben – ich war selbst bei einer Diskussion anwesend, bei der er die Novelle 1997 dieses Fremdengesetzes sehr gelobt und als Beispiel für andere Staaten hingestellt hat –, genau diesen Innenminister wollen Sie weghaben, der in diesem Bereich wirklich gute Fremdengesetze gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Noch etwas – ich habe mir lange überlegt, ob ich das hier vom Rednerpult aus sagen soll, und ich habe mich entschlossen, es doch zu tun –: In den Tagen seit dem 1. Mai war in Österreich wieder etwas festzustellen, wovon ich eigentlich der Meinung war, daß es das nicht mehr gibt: nämlich eine massive Einmischung der katholischen und der evangelischen Kirche in diese Angelegenheit! Ich weise das mit aller Schärfe zurück! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nicht möglich, daß der Caritas-Präsident und der Leiter des Evangelischen Hilfswerks den Herrn Innenminister zum Rücktritt auffordern! Das ist nicht die Aufgabe der kirchlichen Organisationen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Wabl.) Das ist nicht deren Aufgabe! Da hat sich die Kirche nicht einzumischen. Sie kann Kritik üben, aber sie kann nicht die Arbeit von zwei politischen Parteien hier in diesem Land übernehmen. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist ungeheuerlich!) Das ist eine klare Verletzung ihrer Aufgaben.

Ich habe in den letzten Tagen mit vielen Katholiken und mit vielen protestantischen Gläubigen gesprochen, und es hat sich gezeigt, daß sie kein Verständnis dafür haben, was ihre obersten Kirchenherren in diesem Zusammenhang gemacht haben. Ich bin froh darüber, und ich weise diese Vorgangsweise hier ganz offiziell zurück! Dieses Verhalten der Kirche kann so nicht hingenommen werden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Wabl.)


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