Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 62

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Platter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. Danach werde ich wieder Ihnen, Herr Bundesminister, das Wort erteilen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.41

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Tod des Marcus Omofuma hat zweifellos zu einer schwierigen Situation für die Innenpolitik unseres Landes geführt. Ich möchte zunächst meine tiefe Betroffenheit und meine Anteilnahme zum Ausdruck bringen und glaube, daß einige Emotionen, die heute hier artikuliert wurden, wirklich entbehrlich waren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Auch ich halte die Durchführung dieser Sondersitzung für sehr notwendig, sie ist ein wichtiges demokratiepolitisches Instrument. Ich spreche mich aber ausdrücklich gegen den Mißtrauensantrag gegen den Herrn Minister aus. Ich erwarte mir, ja ich fordere klare Richtlinien für die Exekutivbeamten bei der Vollziehung des Schubtransportes. Es muß im Interesse aller sein, es muß vor allem aber auch im Interesse der Exekutivbeamten sein, daß man weiß, wie vorzugehen ist, wenn dieser oder jener Umstand eintritt. Zweifellos wäre es jetzt zu einfach, zu sagen, daß die Exekutivbeamten die volle Schuld trifft, daß sie die volle Verantwortung zu tragen haben. Wir können damit nicht zur Tagesordnung übergehen. So kann es mit Sicherheit nicht sein! Wir brauchen klare Regelungen, und wir brauchen auch eine Reform der Schubhaft! (Beifall bei der ÖVP und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte diesen bedauerlichen Fall nicht zum Anlaß für irgend etwas nehmen, und auch nicht näher darauf eingehen, denn zweifellos hat die unabhängige Justiz darüber zu entscheiden, werde mich aber ganz kurz mit den Problemen des Schubtransportes, der Schubhaft aus der Sicht der Exekutivbeamten befassen.

Grundsätzlich ist zu sagen, daß es meist bei Schubhäftlingen aus dem afrikanischen Raum zu Problemen kommt. Die Probleme beginnen meist schon, wenn sie von der Schubstation in die Arrestantenwagen gebracht werden, danach setzt sich das in den Flugzeugen fort. Die Crew des jeweiligen Flugzeuges, aber auch die Passagiere, die ja für diesen Flug bezahlt haben, verlangen selbstverständlich, daß sie nicht gestört werden. Wenn nun eine Beruhigung des Schubhäftlings vor dem Abflug nicht möglich ist, muß der Schubtransport abgebrochen werden, die Abschiebung darf dann nicht durchgeführt werden.

Damit entsteht jedoch ein großes Problem: Wenn dieser Schubhäftling, der sich mit Erfolg der Abschiebung widersetzt hat, in die Schubstation zurückgebracht wird, wird es dort äußerst schwierig. Es spricht sich herum, daß jemand Erfolg gehabt hat. Die nächsten Abschiebungen werden für die Exekutivbeamten sehr, sehr schwierig, denn jeder will sich natürlich über die Sechs-Monate-Frist hinüberretten. – Das ist die eine Seite.

Meine Damen und Herren! Auf der anderen Seite wird es, wenn sich der Schubhäftling während des Fluges der Amtshandlung widersetzt, zu schreien, zu spucken, zu beißen beginnt, für die Exekutivbeamten ebenfalls äußerst schwierig. Die Crew, die Passagiere verlangen, daß Ruhe einkehrt, aber den Beamten fehlen klare Richtlinien dafür, wie sie in einem solchen Fall vorzugehen haben.

Damit kommen wir zu den Richtlinien, die der Herr Minister jetzt ausgearbeitet hat. Es ist zweifellos erfreulich, daß mit diesen Richtlinien für die Abschiebung auf dem Luftwege sofort reagiert wurde, jedoch glaube ich, daß sie etwas zu wenig überdacht wurden, denn sie sind sehr schwer umsetzbar. Ich glaube, sie müssen nochmals überarbeitet werden. Es ist das zwar ein schönes Schriftstück, man muß aber bedenken, daß der Schwarze Peter wiederum bei den Vollzugsorganen bleibt, denn es wird darin eigentlich nur das Verkleben des Mundes verboten, weitere Lösungsansätze werden jedoch nicht genau definiert.

Was passiert, wenn es während des Fluges zu Schwierigkeiten kommt? – Nach den neuen Richtlinien hat in diesem Fall der Pilot die Entscheidungsgewalt.


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