Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 48

bei der EU-Osterweiterung, die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, aber im Inland steigen Sie scheinbar – aber wirklich nur scheinbar – auf die Bremse.

Denn wenn etwa Herr Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch – ich sage wirklich: zu Recht! – hier eine Studie des ÖGB präsentiert, in der man den Zeitablauf der Beitritte untersucht hat, dann kommt man darauf, daß Slowenien frühestens im Jahre 2017 die notwendigen Kriterien für eine Aufnahme in die Europäische Union erreichen wird (Zwischenruf des Abg. Smolle), und Polen, Kollege Smolle, erst im Jahre 2045! – Das sind doch die Fakten, die wir hier diskutieren sollten – und nicht, daß Sie einer Utopie der Brüsseler Zentralisten nachfolgen und die EU-Osterweiterung so schnell wie möglich umsetzen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es wäre auch interessant, andere Perspektiven in die Europapolitik mit einzubringen. Wie sieht es denn etwa mit mehr Föderalismus im Rahmen der Europäischen Union aus? Wie sieht es denn aus bei der Betrugsbekämpfung und dem österreichischen Beitrag der Regierung in diesem Fall? Wie sieht es denn mit der Forderung aus, wegzukommen von diesem Europa der Zentralisten, das überhaupt nicht auf einem Fundament eines gemeinsamen Bewußtseins der Österreicher und auch der anderen Staatsbürger der EU-Mitgliedsländer aufgebaut ist?

Das wären doch interessante Projekte! Man sollte sich weg von diesem europäischen Einheitsstaat und hin zu einem Europa der Vaterländer bewegen, in dem die Nationalstaaten selbst definieren, was gemeinsam organisiert werden soll und was alles nach dem Subsidiaritätsprinzip in der Kompetenz der Nationalstaaten bleiben sollte. Daß man dadurch auch ein Europabewußtsein schafft, das wäre doch die beste Voraussetzung für ein gemeinsames, für ein friedliches und einiges Europa der Zukunft! Das wäre besser, als nur alles nachzuvollziehen, was von der Brüsseler Bürokratie vorgegeben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben ja in zwei wichtigen Bereichen – über einen werden wir heute noch diskutieren – gesehen, wie wenig Bereitschaft seitens der österreichischen Bundesregierung besteht, österreichische Interessen zu vertreten. Da ist zum einen das Beispiel des Atomkraftwerkes Temelin. Jetzt, nach diesem Beschluß der tschechischen Regierung, dieses Kraftwerk zu bauen, gibt es plötzlich wieder markige Sprüche. Was hat man denn in den vergangenen Jahren gemacht, Herr Außenminister? – Es waren Ihre ÖVP-Abgeordneten im Europaparlament, die eine klare Entschließung des Europaparlaments gegen die Atomkraft in den osteuropäischen Ländern verhindert haben. Es war eine ganz knappe Abstimmung. Hätten Ihre Europaabgeordneten für diese Resolution gestimmt, wäre sie beschlossen worden, und es wäre das ein klares Signal gegen jene Staaten gewesen, die nicht bereit sind, aus dieser unsicheren Atomenergie auszusteigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder, Herr Außenminister, ein zweiter Punkt, die Frage der Vertriebenen, die Frage, wie sehr Österreich bereit ist, eine Generation von Menschen, die vor 50 Jahren aus ihrer Heimat vertrieben wurde – bei dieser Vertreibung wurde gefoltert und gemordet; es gab 3 Millionen Vertriebene und 250 000 Tote –, wenigstens die letzten Überlebenden dieser Generation, zu vertreten. Sie wissen, wir haben Sie immer wieder aufgefordert – in Entschließungen, in Resolutionen –, auf die tschechische Regierung und auch auf die slowenische Regierung Druck auszuüben, die Beneš-Dekrete und die AVNOJ-Bestimmungen, die die Rechtsgrundlage für diesen Mord, für diese Vertreibung an unseren Landsleuten gewesen sind, aufzuheben. – Sie waren aber nicht bereit, diesen Entschließungen zuzustimmen, Herr Außenminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt hat Sie das Europäische Parlament beschämt, indem es eine derartige Entschließung verabschiedet hat. Ich glaube, es läge sehr wohl in der Verantwortung dieses österreichischen Nationalrates, endlich hier auch mit einer Stimme zu sprechen und ganz klar zum Ausdruck zu bringen: Ein Land, das nach wie vor nicht bereit ist, derart menschenverachtende Bestimmungen aus seiner Rechtsordnung zu entfernen, hat auch nicht das Recht, in die demokratische Staatengemeinschaft der Europäischen Union aufgenommen zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und Österreich hat die Möglichkeit, mit seinem Veto Druck auszuüben. Deshalb bringe ich auch folgenden Antrag ein:


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