Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 53

es sehr wichtig ist, Position bezüglich der künftigen Verteidigungsstruktur zu beziehen. Die Frage ist: Was wollen wir eigentlich wirklich erreichen?

Aber Bundeskanzler Klima ließ uns am 18. April ausrichten, daß wir über das Thema Neutralität nicht diskutieren dürfen. – Jetzt frage ich Sie: Welches Demokratieverständnis ist das bitte, das der Herr Bundeskanzler in dieser Frage hat, wenn er meint, daß wir über das Thema Neutralität nicht diskutieren dürfen? – Das ist der erste Punkt.

Zweiter Punkt: Welche Neutralität meinte er eigentlich, als er den Einsatz der NATO-Truppen im Kosovo insofern mitgetragen hat, als er den Ratsbeschluß, der den Einsatz schärfster Maßnahmen, einschließlich Militäraktionen, für notwendig und gerechtfertigt hält, mit unterschrieben hat? Ich frage Sie: Ist das der Boden der Neutralität?

Oder: Welche Neutralität meinte er, als er mit unterschrieb, daß es gegen Serbien zu einem Handelsembargo kommt? Wieder meine Frage an Sie: Ist das der Boden der Neutralität?

Ich kann sehr wohl nachvollziehen, wenn man der Auffassung ist, daß man den Herrn Milošević unter gar keinen Umständen an der Macht halten sollte, aber dann soll man nicht so tun, als wäre die Neutralität Österreichs jene Neutralität, die im Jahre 1955 beschlossen worden ist. Wir sind schon weit weg davon!

Herr Schieder, weil Sie mich so nachdenklich anschauen! (Abg. Schieder: Das stimmt nicht!) In einem Artikel in der Zeitung "Die Presse" von heute werden Sie mit folgenden Worten zitiert – vielleicht werden Sie dieses Zitat korrigieren –:

"Gleichzeitig gestand Schieder aber zu, daß einer Neutralitätspolitik Grenzen gesetzt sind: erstens durch die Kleinheit des Landes und zweitens durch die Mitgliedschaft in der EU."

Wohl wahr, Herr Schieder! Das heißt, daß wir die Neutralitätspolitik sehr wohl besprechen müssen – wenn auch mit Verzögerung, weil wir seit 1995 schon in der EU sind und meiner Meinung nach das gleichzeitig hätte diskutiert werden müssen.

Herr Schieder! Würden Sie mir die Freude machen und mit dem Herrn Klima darüber reden, daß wir doch über die Neutralität diskutieren müssen, und zwar wegen der Kleinheit dieses Landes und wegen der Mitgliedschaft in der EU? Vielleicht setzen Sie sich durch, wenn sich schon die Oppositionsparteien nicht durchsetzen können.

Was wir in Europa brauchen, ist eine Verteidigungsstruktur, die es uns ermöglicht, eigenständig zu handeln. Was wir brauchen, ist eine Europa-Armee bei gleichzeitigem Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht. Was wir brauchen, ist die Auflösung der nationalen Armeen. Es sind Schlüssel dazu schon vorhanden, denn die belgische, die holländische und Teile der spanischen Armee haben sich bereits verschmolzen.

Man braucht dort nur weiterzutun. Man braucht nicht so zu tun, als würde es da überhaupt nichts geben und als würden da die Liberalen irgend etwas Neues erfinden. Wir wollen mit Nachdruck einer Verteidigungsstruktur in Europa zum Durchbruch verhelfen. Und diesbezüglich würden wir uns Allianzen wünschen und nicht die Weigerung des Herrn Bundeskanzlers Klima, über diese Dinge zu diskutieren.

Das schadet dem Ansehen Österreichs, und das schadet der österreichischen Bevölkerung, weil sie sich in solch einer Diskussion verunsichert fühlt, denn die Österreicherinnen und Österreicher fühlen, daß da etwas im Gange ist und daß wir da irgend etwas versäumen, aber auf der anderen Seite spiegelt man ihnen vor, daß uns die Neutralität sehr wohl den Schutz bieten könnte, den sie uns anno dazumal geboten hat. Ich halte das für eine Verweigerung der Realität, und ich glaube, daß Sie sich in dieser Beziehung bei Ihrer eigenen Partei durchsetzen sollten.

Daß Österreich während seiner EU-Ratspräsidentschaft Erfolge errungen hat, möchte ich anzweifeln, und zwar schlichtweg deswegen, weil es eine Routinepräsidentschaft war. Schon vor dem ersten Präsidentschaftstag hat Herr Vizekanzler Schüssel folgendes gesagt: Wir werden


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