Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 129

Ich erwarte mir, daß sich der Herr Bundesminister dazu äußert – möglicherweise, indem er sagt, ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe, oder eben auch etwas anderes sagt. Ich will, daß der Herr Bundesminister diesem Haus gegenüber eine offizielle Erklärung abgibt, denn ich meine, er ist uns das schuldig, und ich meine auch, daß das nicht im Raum stehen bleiben kann. Dann wird eben Aussage gegen Aussage stehen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Dr. Volker Kier (fortsetzend): ... und wir werden die Beweiswürdigung selbst vornehmen müssen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

16.17

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Bei manchen Debatten frage ich mich schon: Was ist in der demokratischen Entwicklung in unserem Lande schiefgelaufen? Beim Debattenbeitrag des Kollegen Leikam habe ich mich das wirklich sehr gefragt, kann ich nur sagen. – Herr Kollege Leikam, darüber, daß Ihnen in Ihren Ausführungen oder bei Ihrer Tätigkeit als Abgeordneter überhaupt nie in den Sinn gekommen ist, einmal zu überlegen, ob die Schubhaft wirklich das beste, intelligenteste und humanste Mittel zur Betreuung von um Asyl ansuchenden Menschen ist, kann ich mich wirklich nur wundern.

Stattdessen aber halten Sie hier eine Rede, die mir völlig kraus vorkommt, um das einmal so zu formulieren und keinen Ordnungsruf für irgendwelche anderen harmlosen Worte zu bekommen. Völlig kraus war das, weil Sie nie folgende Überlegung angestellt haben: Wenn Menschen, die nach Österreich kommen, die Sicherheit wollen und hier einen Antrag auf Asyl stellen, von Anfang an betreut werden würden, so zum Beispiel in der Bundesbetreuung, wenn diese von Anfang an entsprechende Unterstützung hätten, nicht hinter Gitterstäben sitzen müßten, eingesperrt in Zellen – allein das löst Angst und Panik aus –, sondern wenn diese Menschen Betreuung fänden, die die Bezeichnung "menschenwürdig" verdient, dann hätten Sie – das garantiere ich Ihnen; das zeigen auch alle Erfahrungen dort, wo annähernd so etwas durchgeführt wird – zwangsweise Abschiebungen so gut wie nicht mehr nötig. Dort, wo das auch nur ansatzweise durchgeführt wird, zeigt sich das. Es gibt ja Einrichtungen, die das zu tun versuchen.

Aber all das, was hier erwähnt wird, was von uns auch lobend erwähnt wird, an entsprechenden Sozialdiensten, an entsprechenden Flüchtlingsberatungseinrichtungen, -diensten, an Unterstützungen und so weiter, ist doch bitte nichts anderes als ein kleines Pflaster auf einer viel zu großen Wunde. Das kann das nie schließen und nie abdecken, solange diese Menschen in Gefängnissen sitzen müssen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Es ist mir nach wie vor völlig unbegreiflich, wie man um Asyl ansuchende Menschen in ein Gefängnis stecken kann.

Ich sage Ihnen noch etwas: Meine Erfahrungen – ich habe in der Steiermark Gefängnisse besucht – sind, daß jene, die ganz klar kein Fall für Asylansuchen sind, aus Rumänien, aus der Slowakei, aus Polen, sehr einsichtig sind, wenn sie abgeschoben werden. Diese treten nicht in Hungerstreik, diese wehren sich nicht.

Sie können jetzt sagen: Na gut, die probieren es wieder, über irgendwelche grünen Grenzen nach Österreich zu kommen. Ja! Sie werden wieder gefaßt werden. Manche sind bereits drei-, viermal gefaßt worden. Die nehmen das eben auf sich, und zwar aus einer anderen Art von Verzweiflung, weil sie vielleicht keine Arbeit haben, oder auch aus anderen Gründen. Aber jene, die sich selbst beschädigen, die in Hungerstreik treten, die andere Verletzungen auf sich nehmen, das sind jene Menschen, die Todesängste haben. Und wissen Sie, was das System da


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