Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 137

schen zu begehen. Ich möchte bei den Ausführungen von Frau Kollegin Stoisits anknüpfen, die gesagt hat, ihr gehe es um die statistische Darstellung der Dinge; dies allerdings bei einem früheren Tagesordnungspunkt. Auch mir geht es darum.

Um wieder zur aktuellen Thematik zu kommen: Man muß sich vor Augen halten, daß es in Österreich 750 000 legal anwesende Ausländer gibt und dazu 250 000 – nicht nach meiner Schätzung, sondern nach Schätzung der Behörden – illegal anwesende Ausländer. Man muß sich vor Augen halten, daß es in den letzten fünf Jahren nicht weniger als 100 000 Abschiebungen gegeben hat! Wohin wären wir gekommen, wenn diese Abschiebungen, diese große Zahl von Abschiebungen nicht stattgefunden hätte, nicht stattfinden hätte können? Was würde das für die ohnehin aus allen Nähten berstenden Strukturen in Österreich bedeuten? Und was hätte das für eine Anziehungskraft auf diejenigen, die noch überlegen, wo sie sich allenfalls hinwenden könnten, wenn sie nach Europa kommen wollen, und auf die Schlepper, die das organisieren und die diese armen Teufel – häufig sind es ja solche – ins Land bringen?!

Wenn es um die Verhältnismäßigkeit geht, die beschworen wurde, dann darf ich einige Fakten erzählen, die nicht in den Berichten der diversen Organisationen zu finden waren und derer sich auch die Medien nicht so sehr annehmen. Da gibt es zunächst einmal problematische Vorfälle auf dem Flughafen Schwechat. Es kommen Kriminalbeamte zum Anwalt und fragen: Herr Doktor, was sollen wir machen? – Es kommt zum Beispiel jemand aus einem Land nach Österreich, von dem man weiß, daß man zur Einreise entsprechende Dokumente braucht, und der Betreffende weiß das auch. Er weiß von vornherein, er wird nicht einreisen dürfen, denn er besitzt diese Dokumente nicht. Er kommt also mit dem Flugzeug und befindet sich im Transitraum. Dort entledigt er sich sämtlicher Kleidungsstücke, bis er pudelnackt ist, schmeißt die Kleider in den Entlüftungsschacht und steht da, wie Gott ihn schuf. Keine Luftlinie der Welt ist mehr bereit, ihn so, wie er dasteht, wieder mitzunehmen.

Wird jemand aber von draußen auf den Flughafen gebracht, dann hat er vorher häufig – woher er es bekommt, ist eine andere Frage – Rizinusöl konsumiert, und wie er dann ausschaut, wenn er unten am Flugplatz ist, kann man sich vorstellen. Er wird von niemandem mehr mitgenommen und muß einfach wieder zurückgebracht werden. Das kann sich sieben- bis achtmal wiederholen, bis man die Dinge im Griff hat.

Also wenn er ankommt, zieht er sich nackt aus, schmeißt die Kleider so weg, daß sie nicht mehr gebraucht werden können, und damit ist er einmal da "angenagelt". Wenn er abtransportiert werden soll, konsumiert er rechtzeitig vorher Rizinusöl, und der Effekt ist ein ähnlicher. Dann kommen die Polizisten und fragen: Was soll ich machen? Jetzt machen wir die Kontrolle schon im Flugzeug. Die spucken mir ins Gesicht, sie kratzen mich von der Stirn bis zur Brust, sie beißen mich, wo immer sie mich erwischen können, sie reißen mir das Gewand herunter, die Revers des Anzugs et cetera. Wer bezahlt mir das? – Und ich muß wahrheitsgemäß sagen: Niemand, bitte, bezahlt Ihnen das. Sie könnten allenfalls den Betreffenden belangen. Aber das wird nichts nützen.

Mir ist auch ein besonders krasser Fall bekannt: Ein Afrikaner wurde, nachdem zwei Jahre lang vergeblich versucht worden war, ihn außer Landes zu bringen, abgeschoben. Er hat einem österreichischen Polizisten den Finger abgebissen – nicht ein Stückl hineingebissen, nicht ihn etwa nur gekratzt oder angeknabbert, sondern vollständig abgebissen! Alle Beteiligten – Kollege Graf ist Zeuge, denn er war einer der Anwälte, die dabei waren – haben den Finger gesucht, um zumindest zu ermöglichen, daß er wieder angenäht wird. Haben Sie irgend etwas darüber in den Zeitungen gelesen? – Überhaupt nichts! Auch keine Menschenrechtsorganisationen haben sich strapaziert. Das ist der Hintergrund vieler dieser Vorfälle, und auch ihn muß man erkennen, ausleuchten und berücksichtigen, wenn man die Dinge beurteilen möchte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.


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