Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 220

Herr Abgeordneter Dr. Graf hat mich zu Beginn der Debatte gefragt, wie sich Herr Dr. Einem am Beginn der Hochschülerschaftswahlen fühlt. Ich kann Ihnen über seine Gefühle nichts vermitteln, aber ich hoffe, daß wir uns alle am Ende der Wahltage mit Befriedigung werden zurücklehnen dürfen und auf ein zufriedenstellendes Beteiligungsergebnis werden verweisen können. (Beifall bei der SPÖ.)

22.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Wurm. – Bitte.

22.38

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Landauf, landab wird beklagt, daß Österreich für Forschung und Entwicklung mit 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes viel zuwenig aufwendet und damit weit unter dem europäischen Schnitt liegt. Auch der Präsident des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft meint im Vorwort des FFF-Berichtes 1997 – ich zitiere –:

"Der FFF begrüßt auch grundsätzlich das gestiegene Interesse der Bundesregierung an der Technologiepolitik und ist offen zu konstruktiver Mitarbeit bereit. Eines muß aber gesagt werden: Organisatorische Maßnahmen alleine können das Forschungsdefizit nicht beseitigen. Es müssen auch deutlich mehr finanzielle und personelle Ressourcen für die Forschung zur Verfügung gestellt werden."

Das meint also der Präsident des FFF, und auch ganz allgemein wird der Eindruck erweckt, daß der Staat viel zuwenig für die Forschung in Österreich aufwendet.

Hohes Haus! Dieser Eindruck ist falsch. Aus dem Forschungsbericht geht nämlich eindeutig hervor, daß die öffentliche Hand mit 0,76 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung sogar geringfügig mehr ausgibt als die EU-Staaten, die im Durchschnitt nur 0,74 Prozent des BIP aufwenden.

Der Grund, warum Österreich im internationalen Vergleich trotzdem so schlecht abschneidet, ist bei der Wirtschaft zu suchen. Während in der EU der Unternehmersektor im Schnitt 1 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung ausgibt, werden in Österreich von der Wirtschaft nur 0,72 Prozent des BIP – also um fast 30 Prozent weniger – ausgegeben. Genau da liegt das Problem, meine Damen und Herren!

Es wurde heute schon einmal das Beispiel der Schweiz erwähnt. Natürlich ist es nicht völlig vergleichbar, da in der Schweiz eine andere Betriebsstruktur herrscht. Wir haben viel mehr Klein- und Mittelbetriebe. Dennoch wendet die Schweiz, gemessen am Bruttonationalprodukt, 2,5mal mehr für die Forschung auf als die österreichische Wirtschaft.

Wenn wir uns jetzt weiter umsehen und auch andere Vergleiche anstellen, dann fällt auf, daß sich das gleiche Bild ergibt, ob es sich nun um Deutschland oder – wenn man weiter nördlich schaut – um Schweden, Finnland, Belgien oder Dänemark handelt: Überall gibt die Wirtschaft im Verhältnis mehr aus als die öffentliche Hand. Das ist schon etwas, was wir uns genau ansehen müssen. Daher sage ich auch zu den Vertretern der Wirtschaft hier in diesem Hause: Auch in diesem Bereich müßte gelten: "Weniger Staat, mehr privat!" (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir uns nämlich ansehen, wo der Staat mehr für die Forschung ausgibt als die Wirtschaft, dann stellen wir fest, daß dies nur in Ländern der Fall ist, mit denen wir uns wirtschaftlich nicht immer gerne vergleichen. In der EU sind das zum Beispiel Portugal, Griechenland und Spanien. – Das wollte ich einfach festhalten.

Nun möchte ich auch ein bißchen zu den Ursachen kommen, die, wir mir scheint, nicht unwesentlich sind. Das Umdenken beginnt nun einmal im Kopf. Aber ich habe das Gefühl, daß die Universitäten, die Forschungseinrichtungen oft noch als Fremdkörper betrachtet werden. Wenn ich mir etwa Innsbruck ansehe, dann fällt mir auf, daß zum Beispiel die Universitätsbibliothek


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