Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 169. Sitzung / 255

Wie gesagt, stimmen wir zu, und wir freuen uns, daß wir diesem Personenkreis damit helfen können, sein Leid besser zu bewältigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Leikam.)

1.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.05

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen jener Eltern – es waren Mütter und Väter –, die uns durch eine Petition an den Nationalrat auf dieses Problem aufmerksam gemacht haben, möchte ich mich bei denjenigen bedanken, die diese Initiative aufgegriffen haben.

Es ist ungefähr ein Jahr her, daß wir noch enttäuscht wurden durch die Anfragebeantwortungen, die von seiten des Bundesministers für Inneres, der für diese Gesetzesmaterie zuständig ist, gegeben wurden, aber auch durch jene, die von seiten des Justizministers kamen. Damals hatte man noch kein Verständnis für eine solche Gesetzesänderung. Vorangetrieben hat den Bewußtseinswandel die Änderung der gesetzlichen Lage dieser Materie in Deutschland – etwas, was einer österreichischen Änderung im Wege stand, solange es dort nicht so war.

Kollege Platter und auch der Herr Vorsitzende des Innenausschusses haben schon gesagt, daß das ein Problemfeld ist, das Gott sei Dank nicht allzu viele Menschen betrifft. Es gibt insgesamt nur zwischen 350 und 400 Totgeburten in Österreich. (Ruf bei der ÖVP: Was heißt "nur"!) Was eine Totgeburt ist, ist durch das Hebammengesetz genau geregelt.

Von den Eltern dieser 400 Totgeburten werden meiner Schätzung nach – ich habe sehr viel mit Selbsthilfegruppen zu tun gehabt – vielleicht 10 Prozent diese gesetzliche Möglichkeit in Anspruch nehmen. Diese Gesetzesänderung hat vor allem für die Trauerarbeit der betroffenen Eltern eine wesentliche Bedeutung und es soll ihnen ermöglichen, das Schicksal zu verarbeiten, das ihnen widerfahren ist, und einen ihrer Überzeugung nach würdigen Abschied von ihrem Kind – das ihr Kind ist, das einen Namen hat und das in der Regel den Namen schon hatte, lange bevor es geboren wurde – zu finden.

Ich möchte mich auch bei der Frau Ministerialrätin bedanken, die eine zusätzliche Idee umgesetzt hat, welche für Nichtlegisten gar nicht vorstellbar war, nämlich die Idee, eine neutrale Urkunde auszustellen. Demzufolge können diese Änderungen noch perfekter vor sich gehen, als es sich die InitiatorInnen der Petition vorgestellt haben, und es ist vor allem möglich, daß diese Regelung schon ab 1. September gelten wird. Danke vielmals! Man sieht, wenn sich Bürgerinnen und Bürger für ein Anliegen engagieren, ist der Nationalrat durchaus offen dafür, dem nachzukommen. Ich war direkt verwundert. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.07

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte noch ein paar zusätzliche Informationen geben: Es gibt Schätzungen, denen zufolge bei jeder vierten Schwangerschaft das Kind während der Schwangerschaft stirbt. Das heißt, daß jede schwangere Frau in ihrem Leben damit konfrontiert ist, und es kann daher nicht von einer kleinen Gruppe von Betroffenen oder von einem Randthema gesprochen werden, es wird nur nicht darüber geredet.

Viele Frauen und Männer sind enttäuscht über die mangelnde Anerkennung der Bedeutung des Verlustes und ihrer Traurigkeit durch den Arzt und das soziale Umfeld. Die eigenen Gefühle und die Trauer erscheinen ihnen daher fragwürdig. Aber Trauer ist einfach eine schmerzliche, jedoch notwendige Auseinandersetzung, um mit dem Verlust fertigzuwerden.


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