Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 171. Sitzung / 54

Vorige Woche gab es eine Sendung des Wirtschaftsmagazins "Schilling", in welcher der NAP sehr positiv dargestellt wurde: Toll, welche Jobs geschaffen werden! Erstes Beispiel für die neugeschaffenen Jobs sind die Call Centers – "Telearbeitsbereich" heißt das. Wir haben so viele Call Centers, das sind "tolle" Jobs: Sie werden alle von Frauen besetzt, und die meisten sind als Dienstnehmerinnen mit freien Dienstverträgen tätig. Das erklärt, was Kollege Kier schon vorher angesprochen hat, das Ansteigen der Zahl der sogenannten Neuen Selbständigen. "Tolle" Jobs: schlecht bezahlt, keine hohe Qualifikation. – Erfolg des NAP.

Das zweite Beispiel, das in dieser Sendung gebracht wurde: Im Marketingbereich gibt es so viele neue Jobs. Und interessanterweise ist als Beispiel für die tollen Jobs im Marketingbereich die Marketingfirma Dr. Hochegger angeführt worden. Diese bewirbt den NAP. Daß in der Firma, die den NAP bewirbt, mit einem Auftragsvolumen in der Höhe von 20 Millionen Schilling, wenn ich mich nicht irre, Jobs geschaffen werden, wundert mich nicht. Aber daß das ein Beispiel sein soll für die tolle Entwicklung in Bereich der Beschäftigung rund um den NAP, das ist ein Hohn, Frau Bundesministerin!

Vor allem, wenn man weiß, was nicht dazugesagt worden ist: daß beispielsweise diese Firma Hochegger, die den NAP bewirbt, auch in ihrer öffentlichen Kommunikation mit Zeitungen, Zeitschriften und überall dort, wo der NAP beworben wird, klare Vorgaben gemacht hat. Eine der Vorgaben in der öffentlichen Darstellung des NAP besteht darin, daß das Thema "Arbeitsmarkt und Behinderte" nicht auftaucht. (Abg. Dr. Feurstein: Das stimmt nicht!) Aha, warum nicht?

Ich kann Ihnen sagen, warum dieses Thema nicht auftauchen darf. Das ist sogar dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung zu entnehmen. Darin steht nämlich im Kapitel über Behinderte: "Ausgangslage ... Diese Entwicklung ist charakterisiert durch eine Verschlechterung der Arbeitsmarktchancen von behinderten Arbeitslosen in den Altersgruppe ‚40 – 59 Jahre‘ und ‚25 – 39 Jahre‘ und behinderter Jugendlicher von 15 bis 24 Jahren." – Das heißt, es gibt keine Behindertengruppe ... (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hostasch.) Das steht drinnen, Frau Bundesministerin, das ist nicht meine Erfindung! Das steht drinnen unter Leitlinie 19.

Es gibt keine Behindertengruppe, für die die Situation auf dem Arbeitsmarkt besser geworden wäre. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Für alle Gruppen von Behinderten ist sie schlechter geworden – laut offizieller Darstellung des Bundesministeriums! –, und deswegen darf selbstverständlich in der öffentlichen Kommunikation, in der Bewerbung des NAPs, "Arbeitsmarkt und Behinderte" nicht vorkommen. Frau Bundesministerin! Wenn das Ihre Form von ehrlicher und offener Auseinandersetzung mit dem Thema NAP ist, dann wird mir schlecht. (Abg. Steibl: Das wäre gut! Dann ist die Rede vorbei!)

Zweiter Punkt, der zeigt, welch "tollen" NAP wir haben: Da gibt es die Firma Euroteam. Euroteam ist eine Firma, die auch im Zusammenhang mit NAP und Sozialfonds viele Aufträge bekommen hat. Sie hat zum Beispiel den Auftrag erhalten, die Lehrlingsoffensive zu bewerben, und wurde dafür bezahlt. Es wurde dafür eine Hotline eingerichtet und im Rahmen dieses Auftrags auch beworben. Daß diese Hotline zufällig dieselbe war, die vorher die Bundesregierung gehabt hatte, und daß das in den Räumen der SPÖ angesiedelt war, ist ein besonderes Problem. Aber die Firma Euroteam hat gleichzeitig von den Förderungen für den NAP recht gut profitiert, indem sie sich an einem Call Center im Burgenland beteiligt und sich dort eingekauft hat. Denn über ein Call Center im Burgenland kommt man wiederum an Förderungen für Telearbeitsplätze heran.

Das ist eine Firma im Nahbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundeskanzleramtes. Diese Firma kassiert sozusagen zunächst einmal öffentliche Förderungen ab, bevor sie die Adressaten erreicht – für Werbung, für das Call Center, für die Beschäftigten im Call Center, für die Hotline. Sie darf dann auch eine Studie über Telearbeit oder eine Beratungstätigkeit für Telearbeit entwickeln, wird dafür auch wieder in einem Projekt bezahlt und bekommt dafür Mittel aus EU-Geldern, aus AMS-Geldern und so weiter. Sie übt eine Reihe von Tätigkeiten aus. Möglicherweise darf diese Firma Euroteam dann irgendwann auch noch einen Auftrag zur Evaluierung dieser Programme übernehmen, sodaß sie sich dann vielleicht – über


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