Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 171. Sitzung / 63

es hinnehmen. Sein erster war der EU-Beitritt, der zweite der Euro, der dritte ist jetzt die Erweiterung. (Heiterkeit des Abg. Kiermaier.)

Es ist ganz einfach so, daß wir neue Märkte brauchen! Österreich wird diese neuen Märkte haben, wir müssen dazu nur in die Mitte Europas rücken, dann wird es bei allen Anpassungsschwierigkeiten neue Beschäftigungschancen geben! Diese Beschäftigungschancen haben Sie jedoch nicht erwähnt. Sie haben nicht davon gesprochen, welche Chance Österreich damit bekommt, aus seiner Randlage innerhalb des Schengen- und Euroraumes, innerhalb der Europäischen Union in jene Mittellage zurückzukommen, die unser Land bis 1918 hatte, und damit diesen unnatürlichen Zustand der Grenzen, die es zwischen dem Jahre 1918 und jetzt, dem Ende dieses Jahrhunderts, gegeben hat, aufzuheben und der österreichischen Wirtschaft Chancen, Zukunft und Hoffnung für unsere Mitarbeiter und für Beschäftigung zu geben.

Das habe ich bitter vermißt! Ich hoffe, Sie holen das bei entsprechender Gelegenheit nach. Es wäre mir sehr recht, wenn Sie es vor den Europawahlen nachholen würden. Dazu gibt es kein Bekenntnis von Ihnen, Sie drücken sich ganz einfach davor, weil Sie glauben, dort und da Mehrheiten zu sehen, wo es eigentlich Informationsbedarf gibt, wo Sie Menschen überzeugen müssen, wo Sie den Menschen sagen müssen, welche Chancen in dieser Erweiterung der Europäischen Union liegen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Zwischenbilanz des NAP mit 30 000 neuen Beschäftigten zu schmücken, ist fast so kühn wie die Behauptungen des Herrn Stummvoll, was denn die Bundesregierung alles getan habe. Er hat natürlich nicht geschadet, das ist keine Frage. Sie haben damit sicherlich Impulse gesetzt, das steht außer Zweifel. Aber zu sagen, Sie hätten damit 30 000 Stellen geschaffen, halte ich doch für etwas kühn. Ich glaube, Sie sollten einmal nach den bisherigen Kosten fragen, also eine Evaluation des NAP durchführen. Wieviel Geld wurde eingesetzt und was wurde damit wirklich erreicht?

Vier Beispiele – Ihre vier Säulen – dazu: Vermittelbarkeit. Die Tourismuswirtschaft hat im August 1998 Mitarbeiter gesucht, und zwar nicht zu knapp. Überall gab es zuwenig Mitarbeiter. Sie, Frau Bundesministerin, haben mittels des AMS – es ist ausgegliedert, ich weiß das schon, aber unter Ihrer Verantwortung – im August 1998 19 500 Mitarbeiter als Arbeitslose verwaltet. Im Dezember 1998, als es ebenfalls einen eklatanten Mangel an Mitarbeitern gab, waren 24 500 Menschen in der Arbeitslosenstatistik zu verzeichnen. Die Vermittelbarkeit funktioniert also offensichtlich noch nicht!

Die neue Selbständigkeit: Warum diskriminieren Sie weiter die Selbständigen in Österreich? – Wir wissen doch beide, daß die Arbeitswelt sich vollkommen neu strukturiert und die Grenze zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit verschwimmen wird, sie wird immer undeutlicher werden. Warum aber besteuern Sie Selbständige anders als Unselbständige? Warum liegt der Grenzsteuersatz der gut verdienenden Nationalratsabgeordneten bei 43 Prozent? Diese Nationalratsabgeordneten verdienen weit mehr als zwei Drittel der Selbständigen in Österreich, haben aber einen Grenzsteuersatz von 43 Prozent, während die Selbständigen einen Grenzsteuersatz von 50 Prozent haben. Wieso denn? – Wenn Sie die Neue Selbständigkeit wollen, dann diskriminieren Sie sie nicht! (Abg. Gaugg: Du kannst ja freiwillig mehr zahlen!)

Anpassungsfähigkeit: In einer Gesellschaft, in der sich die Arbeitswelt so schnell wandelt, in dieser Informationsgesellschaft, werden Sie Anpassungsfähigkeit nur über die Problemlösungskapazität des einzelnen, den Sie sozial absichern und dann in seiner Entscheidungsfreiheit stärken müssen, erzielen. Hiezu sehe ich im NAP leider wenig Ansätze.

Und der vierte Bereich, der mir sehr wichtig ist, betrifft die Chancengleichheit. Es gibt eine Gleichung, die zwar manchen paradox erscheint, in Wirklichkeit aber richtig ist. Sie lautet: Je mehr Frauen im Erwerbsleben stehen – und damit neben einer allfälligen von ihnen gewünschten Mutterschaft, die es zu ermöglichen gilt, auch ihre Persönlichkeit, ihre Identität finden –, desto höher ist die Beschäftigungsrate eines Landes insgesamt! Es ist einfach nicht richtig, daß die Frauen den Männern die Arbeitsplätze wegnehmen. Das ist eine falsche Rechnung, wie durch viele,


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