Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 171. Sitzung / 69

sion. Ja erwähnen Sie diese doch! Aber wenn Sie sie schon nicht erwähnen, Herr Wirtschaftsminister, obwohl ich meine, daß Ihnen das vom Thema "Wirtschaftspolitik" her geläufiger sein müßte, dann müssen doch wenigstens Sie, Frau Sozialministerin, ehrlicherweise zugeben, daß das, was Sie einmal als Beschäftigungspolitik durchführen wollten – und ich billige Ihnen durchaus zu, daß Sie das wollten –, auf europäischer Ebene nicht mehr gespielt wird. Da geht es um Grundzüge der Wirtschaftspolitik, die ganz klar andere Richtlinien vorgeben, die ganz klar andere Richtungen vorgeben.

Hier steht als Empfehlungen für Österreich eine weitere Flexibilisierung, eine weitere Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten. – Ja, das gibt natürlich ganz andere Prioritäten her bei beschäftigungspolitischen Leitlinien. (Abg. Öllinger: Da traut sich der Wirtschaftsminister!) Kein Wunder, sage ich Ihnen darauf, daß die geringfügige Beschäftigung weiter steigt, denn das ist die logische Antwort auf die weitere Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten, das ist die logische Antwort auf die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeitverhältnisse, ganz klar die logische Antwort. (Abg. Öllinger: Sonntagsarbeit! – Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.) Sie können sich das überall in Europa anschauen!

Und ich sage Ihnen zum Schluß jetzt noch etwas zu den Beschäftigungsplänen: Die Beschäftigungspläne richten sich bei Ihnen auf eine reine Arbeitsvermittlung aus. Und das ist der Fehler. Sie begrenzen und beschränken es auf eine reine Arbeitsvermittlung, auf eine Verminderung der Arbeitslosenquote, wie ich Ihnen zuerst schon aufgezeigt habe, und auf eine Erhöhung der Beschäftigung. (Abg. Dr. Niederwieser: Qualifikation! Ausbildung! Weiterbildung!)

Sie übersehen dabei – da noch ein Wort zu Herrn Kollegen Nürnberger –, daß Beschäftigungspolitik auf der europäischen Ebene etwas ganz anderes wäre. Herr Kollege Nürnberger hat natürlich mit der Geschichte völlig unrecht – aber ich will das jetzt da gar nicht korrigieren; es soll mir recht sein, soll ihm recht sein –, wenn er glaubt, daß Vranitzky das war. In der Tat war es eine Entwicklung auf der europäischen Ebene, und ich würde sagen, ein Meilenstein, wenn auch mit Ergebnissen unter der Erwartung, war der Beschäftigungsgipfel in Luxemburg. (Abg. Dr. Antoni: Den Österreich eingeleitet hat!) Und ob es Ihnen von der SPÖ paßt oder nicht, ob es zufällig ist oder nicht (neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ), das Verdienst für die Vorbereitungen ist in diesem Fall einem christdemokratischen Ministerpräsidenten zuzuschreiben, nämlich dem Luxemburger Jean-Claude Juncker. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Edler: Wir kümmern uns darum! Wir machen etwas! Sie verhindern nur!)

Ich sage Ihnen folgendes: Jean-Claude Juncker hat damals schon gesagt, Beschäftigungspolitik, vor allem europäische Beschäftigungspolitik kann sich nicht allein auf Arbeitsvermittlung beschränken. Selbstverständlich müssen Steuerharmonisierungen die Grundlage, der Rahmen für eine Beschäftigungspolitik sein. Es müssen Überlegungen bezüglich der Arbeitszeit, bezüglich eines Mindestlohnes angestellt werden. All das, was eigentlich Ihr klassisches Feld wäre im Bereich der europäischen Gewerkschaftsbewegung, müßte hier einfließen und den Rahmen und die Grundlage für Beschäftigungspolitik bilden. (Beifall bei den Grünen.)

Und ein Letztes sei noch in das Stammbuch der Sozialdemokraten geschrieben, damit Sie sich das auch merken. (Abg. Dr. Antoni: Was denn? – Abg. Kiermaier: Ihre Ratschläge brauchen wir nicht!) Sie haben eine Chance gehabt in Europa, die – aus welchen Gründen auch immer; ich kenne sie nicht – vertan wurde, und die war mit Finanzminister Lafontaine gegeben. Er hat einen Entwurf für einen europäischen Beschäftigungspakt vorgelegt, der sehr wohl noch diese Elemente enthalten hat, der Elemente der Einführung von Energiesteuern, der Bekämpfung des unfairen Steuerwettbewerbs enthalten hat, der die Ansätze einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik beinhaltet hat. Das, Frau Ministerin, sind die Eckdaten für eine Beschäftigungspolitik! Das sind sie! (Beifall bei den Grünen.)

Schauen Sie sich hingegen das Papier an, das jetzt für den Kölner Gipfel vorliegt. Von all dem ist keine Rede mehr. Die Sozialdemokratie in Europa mit ihren Regierungen hat es weit gebracht, sage ich Ihnen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Niederwieser: Die Sorge der Grünen ist wirklich rührend! – Abg. Dr. Graf: Mit dem Joschka Fischer!)

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