Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 173. Sitzung / 17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nach § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung erhält nunmehr Kollege Scheibner das Wort. Seine Redezeit darf 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.05

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich halte es wirklich für ungeheuerlich, daß der Bundeskanzler dieser Republik, der die Hauptverantwortung für den Zivil- und Katastrophenschutz innehat, heute hier an dieser Sitzung nicht teilnehmen möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kostelka! Es mag schon sein – das haben wir auch erfahren –, daß der Herr Bundeskanzler am Abend eine wichtige Sitzung in Köln hat, aber es wurde Bereitschaft signalisiert, daß er zumindest bis 17 Uhr hier anwesend sein wird, da er ohnehin mit einem Privatjet nach Köln fliegt. Anscheinend braucht er aber doch vier oder fünf Stunden nach Köln – das sei ihm unbenommen.

Aber ich sage Ihnen hier als Parlamentarier folgendes: Gerade bei einer solch wichtigen Angelegenheit, zu der sich auch der Bundeskanzler andauernd zu Wort gemeldet hat, sollte er anwesend sein. Wir haben ihn ja auch schon bei anderen Katastrophen gesehen, bei denen er in Gummistiefeln zwischen zwei Terminen – zwischen einem Parlamentstermin und einem Ballbesuch – medienwirksam mit Kübeln Wasser geschaufelt hat. Daß diesem Bundeskanzler die Wahl des NATO-Generalsekretärs Solana zum "Mr. GASP" wichtiger ist, als hier im Parlament gemeinsam mit uns Maßnahmen für eine Verbesserung des Zivil- und Katastrophenschutzes zu diskutieren, halte ich wirklich für skandalös! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bundeskanzler hat ja eine Koordinierungskompetenz: einerseits als Kanzler, selbstverständlich als Vorsitzender der Bundesregierung – er ist dafür zuständig, daß der Katastrophen- und Zivilschutz auf acht Ressorts aufgeteilt ist, meine Damen und Herren! –, und andererseits, vor allem meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, hat der Bundeskanzler seit dem Jahre 1986 auch das Krisenmanagement bei größeren Katastrophen inne. Seit 1986 – damals war der Anlaßfall die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl – hat der Bundeskanzler die Kompetenz, Krisenmanagement zu betreiben.

Dann wird immer wieder gesagt: Na ja, das gilt eben nur für Atomunfälle! – Meine Damen und Herren! Ich habe hier den Vortrag an den Ministerrat von damals. Darin ist kein Wort davon gestanden! Der Anlaß war die Reaktorkatastrophe, aber hier ist Vorsorge für alle zukünftigen, nicht alltäglichen Gefährdungssituationen getroffen, die einen erhöhten Verwaltungs- und Informationsbedarf für die entsprechenden Stellen erfordern – und das ist interessant –, wobei es nicht einmal unbedingt erforderlich ist, daß sie zur Abwehr unmittelbar bevorstehender oder bereits eingetretener Gefahren für Leben und Gesundheit dienen. Sogar wirtschaftliche Krisensituationen sind hier mit umfaßt.

Also da ist eine klare Verantwortung des Bundeskanzlers gegeben. Wer das nicht glaubt, soll Herrn Abgeordneten Löschnak fragen, denn er hat diesen Ministerratsvortrag damals als Innenminister unterschrieben. Stehlen Sie sich hier nicht dauernd durch Falschinformationen aus der Verantwortung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich bin ja schon froh darüber, daß es wenigstens gelungen ist, zwei zuständige Ressortminister hier bei uns im Nationalrat zu haben, damit wir mit ihnen diskutieren können. Denn der Sinn dieser Sitzung sollte es auch – aber nicht nur – sein, das tragische Unglück im Tauerntunnel aufzuarbeiten. Sie soll vor allem dazu dienen, daß wir Maßnahmen diskutieren und auch beschließen, die es ermöglichen, daß wir in Zukunft über solche Katastrophen nicht wieder im nachhinein diskutieren müssen.

In letzter Zeit mußten wir immer wieder sehen: Nach solchen Katastrophen, nach solch großen Unglücken, die Menschenleben und Verletzte gefordert haben, gibt es immer allseits große Betroffenheit – dies ist auch selbstverständlich und ganz klar –, und es gibt Forderungen vor allem seitens der Bundesregierung an sich selbst. Wenn dann das Medieninteresse ein wenig nach


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