Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 173. Sitzung / 21

wieder eine Debatte statt, wenn Tote zu beklagen sind? Müssen wir uns dann wieder Ihre Forderungen an sich selbst anhören, weil Sie heute nicht bereit dazu sind, vorausschauend Krisenvorsorge zu betreiben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Es wäre besser, die Summe von 37 Millionen Schilling, die Sie im vorigen Jahr allein in die Selbstwerbekampagne gesteckt haben, in Studien oder Überprüfungsmaßnahmen zur Sicherung der Eisenbahntunnels zu investieren.

Aber es gibt diese Defizite auch in anderen Bereichen der Katastrophenvorsorge. Wie sieht es denn mit dem Schutz der österreichischen Bevölkerung vor der Einwirkung von atomaren Strahlungen oder von chemischen Stoffen aus? Im August 1998 – es ist leider wirklich so, daß man immer auf konkrete Beispiele zurückgreifen kann – ereignete sich ein Chemieunfall in Linz. Daraufhin gab es eine Diskussion, in der nachgefragt wurde, für wie viele Linzer eigentlich Schutzräume vorhanden seien. – Für die 211 000 Linzer sind gerade 8 000 Schutzräume vorhanden. Für 8 000 von 211 000 Menschen! Und in ganz Österreich gibt es öffentliche Schutzbauten für gerade 3 Prozent der Bevölkerung! (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger.)

3 Prozent der Österreicher können in öffentlichen Schutzbauten Zuflucht finden – hingegen aber, meine Damen und Herren, 100 Prozent der österreichischen Bundesregierung! Denn für sich selbst haben sie vorgesorgt. Für sie selbst ist die Unterbringung in entsprechenden Schutz-räumen gewährleistet, jedoch nicht für die Bevölkerung. Dabei geht es gar nicht um einen großen Atomkrieg, sondern es geht um mögliche Störfälle in Atomkraftwerken, es geht um mögliche Unfälle in Chemiefabriken, wo es ausreichend wäre, wenn die Bevölkerung für Stunden oder wenige Tage Zuflucht in solchen Schutzräumen finden könnte. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben aber im Jahre 1996 unter Hinweis auf das Sparpaket sogar die Mittel für den Ausbau von Schutzräumlichkeiten gekürzt.

Oder etwa der Zivilschutz, meine Damen und Herren, eine ganz wichtige Einrichtung. Kollege Gaál setzt hier immer sehr gute und mutige Initiativen, die aber von der Bundesregierung völlig vernachlässigt werden. Da wird zum Beispiel eine Sirenenprobe durchgeführt. Fragen Sie ein-mal die Bevölkerung, und fragen Sie hier unter den 183 Abgeordneten, ob jeder weiß, wie er sich zu verhalten hat, wenn die Sirenen aufheulen. Es gibt diesbezüglich ein Informationsdefizit. Kein Mensch weiß, was die verschiedenen Sirenentöne bedeuten, und kein Mensch weiß auch, wie und wo er Zuflucht finden kann. Die Helfer bei solchen Katastrophen – egal, ob es das Bundesheer, das Rote Kreuz oder die Freiwilligen Feuerwehren sind – leisten Großartiges. Ihnen gebührt unsere Anerkennung. Aber Ihre Unterstützung fehlt, und diese sollten Sie von der Bundesregierung bieten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wäre auch interessant, einmal über einen Zivilschutzdienst nachzudenken. Ich kann nicht verstehen, warum man in Galtür die Bundesheersoldaten, um die man angefragt hat, nicht bekommen hat und nur 35 Zivildiener bei diesem Katastropheneinsatz dabeigewesen sind, weil es zu wenige gibt. Kürzen Sie die Auslandseinsätze der Bundesheersoldaten, dann gibt es auch in diesem Bereich mehr Möglichkeiten!

Aber auch die Kompetenzbereinigung – ich habe das bereits angesprochen – wäre eine wichtige Sache. Ein Ministerium sollte für den Katastrophen- und Zivilschutz zuständig sein. Wir Freiheitlichen haben das Landesverteidigungsministerium vorgeschlagen – soll es das Innenministerium sein. Wichtig wäre jedenfalls, die Zersplitterung auf diesem Gebiet zu beheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir sollten heute hier klarerweise auch die Verantwortlichkeiten für die Katastrophe im Tauerntunnel aufzeigen, wir sollten aber in erster Linie Erkenntnisse aus den Fehlern gewinnen und vor allem Maßnahmen für die Zukunft beschließen, damit solche Katastrophen in Zukunft verhindert werden können.

Ich hoffe auf eine offene Diskussion und auch auf klare Ergebnisse. Das Desinteresse des Bundeskanzlers war allerdings ein schlechter Beginn für diese Debatte. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.26


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite