Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 37

das Kommando zurzeit nur von der NATO wahrgenommen wird. Sobald Rußland sich überzeugen läßt, in einem internationalen Kommando mitzutun, so wie das der Sicherheitsratsbeschluß vorsieht, haben wir keine Probleme damit. Das heißt, daß damit sozusagen die Wünsche Chinas, das dies ebenfalls als Bedingung gestellt hat, respektiert werden, denn diese Wünsche müssen erfüllt werden, um einerseits diesem Sicherheitsratsbeschluß Genüge zu tun und um andererseits dieses UNO-Mandat aufrechtzuerhalten. Das ist die Voraussetzung für die Aktivitäten der Österreicher.

Da, wie der Herr Vizekanzler gesagt hat, 450 bis 500 Personen benötigt werden, und wir dafür offensichtlich nicht nur ein Zeitfenster von 90 Tagen, wie es am Anfang debattiert worden ist, sondern ein Zeitfenster von einem halben Jahr brauchen, um diese Gruppe zusammenzuschweißen und zusammenzustellen, glaube ich, daß sich bis dahin die Probleme mit Rußland schon längst gelöst haben werden.

Ich glaube auch, daß wir realistisch sein müssen. Natürlich ist es ein gefährlicher Einsatz, natürlich wissen die Leute, die sich freiwillig melden, daß es so gefährlich ist, daß vielleicht der eine oder andere sterben wird. Leider Gottes! Am Golan stirbt jedes Jahr ungefähr ein Österreicher. Leider Gottes!, muß ich sagen. Daher sollte man, glaube ich, nicht so tun, als würde man es ignorieren, sondern offen sagen: Es ist ein gefährlicher Einsatz! Die Alternative allerdings, die offensichtlich von den Grünen – obwohl nicht so ausgesprochen – angestrebt wird, nämlich eine österreichische Zone zu schaffen, halte ich nicht für die glücklichste Variante.

Warum? – Ich kann mir nicht vorstellen, daß alle Nationen, die jetzt mittun wollen und ihr Interesse kundgetan haben, kleine isolierte Flächen übernehmen und dort die Sicherheit und den Aufbau garantieren. Das würde, glaube ich, nicht jene Effektivität haben, die wir brauchen. Was wir brauchen, ist, daß wir den Kosovo aufbauen, die demokratischen Strukturen im Kosovo aufbauen, das Justizsystem und auch die Polizei wiederaufbauen. Selbstverständlich muß die UÇK entwaffnet werden! Es ist überhaupt keine Frage, daß diese Personengruppen – man spricht immer von der UÇK, aber es sind mindestens vier Gruppen innerhalb der UÇK, die sehr, sehr schwierig unter einen Hut zu bringen sind – entwaffnet werden sollen, um sozusagen der Zivilbevölkerung die Möglichkeit zu geben, Polizeistrukturen dort aufzubauen.

Ich glaube, daß wir eine wichtige Aktion auf internationalem Sektor vorhaben, und was wir von österreichischer Seite tun könnten, wäre – und da, Herr Vizekanzler, sind Sie aufgerufen, sich in den Gremien wirklich entsprechend zu artikulieren; Sie sind ja noch bis Ende Juni Mitglied der Troika, und es wäre vielleicht wert, sich darüber den Kopf zu zerbrechen –, diesen Ländern am Balkan eine Beitrittsperspektive zu eröffnen. Ich halte es für enorm wichtig, daß die Länder des Balkans wissen, daß sie in Europa willkommen sind, und wissen, daß wir, wenn sie ihre Gesellschaft nach demokratischem Muster aufbauen, selbstverständlich für sie einen Platz in Europa haben. Und das sollten wir ihnen mitteilen, das sollten wir im Nationalrat in der nächsten Sitzung mitteilen: Ja, Balkanstaaten sind willkommen in Europa. Deshalb machen wir eine zweite Erweiterungsrunde, in der auch sie Platz haben werden.

Ich meine, daß wir uns auch auf einiges andere verständigen sollten. Ich glaube, wir sollten als Zwischenlösung eine intelligente und gut durchdachte Autonomie im Kosovo anstreben. Ich glaube, wir sollten auch in einem künftig hoffentlich demokratischen Serbien Aufbauhilfe leisten, selbstverständlich Aufbauhilfe leisten, weil die Gesellschaft dort ebenfalls erschüttert ist.

Wir wollen das, was unser liberaler Kollege, der Vizepräsident des kosovarischen Parlaments, als es das noch gegeben hat, gesagt hat, unterstützen, als er meinte: Wir wollen sein wie ihr, wir wollen ins Theater gehen, Bücher lesen, Fußball spielen, uns fortbilden und arbeiten. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin beim Schlußsatz, Herr Präsident. – Wir wollen, daß man sieht, daß nicht der Krieg unser Leben ist, sondern ein friedliches Miteinander. – Geben wir ihnen die Chance dazu! (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. – Ich danke dem Herrn Außenminister.


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