Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 55

dem eine Ehe, verabrede aber, diese Ehe nur für zehn Jahre zu schließen. (Abg. Dr. Mertel: So lange?) Nach zehn Jahren ist unsere Ehe sozusagen nicht mehr Ehe.

Es würde jedem einleuchten, daß so etwas nicht wirklich gewünscht sein kann. Aber daß eine Art Nebenabrede für den Umstand, Kinder zu zeugen, geschlossen werden kann, das erscheint mir wirklich reichlich absurd, wiewohl ich verstehe, daß Sie meinen, daß damit diesem Punkt nicht diese große Bedeutung beigemessen werden soll. Aber ich sehe überhaupt nicht ein, warum der Gesetzgeber etwas, was in der Realität nicht so ist – wenn es so stimmt, wie Sie es dargestellt haben, wie es von der Judikatur her gesehen wird –, nicht entsprechend bereinigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das hat nämlich nichts mit der Stellung der Kinder im Familienrecht insgesamt zu tun, absolut nicht. Da geht es ja nicht um die Kinderversorgungspflicht, sondern es geht um die Pflicht der Zeugung von Nachkommenschaft. Darum geht es! Das ist sozusagen das Vorstadium. Da geht es in erster Linie um einen Sexualakt, und dieser ist nach dem österreichischen Ehegesetz verbindlich und verpflichtend vorgesehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist doch nicht die Aufgabe des Staates, den Menschen ihr Sexualverhalten in der Ehe vorzuschreiben! Diese Interpretation ist aber für mich die einzig zulässige. (Beifall bei den Grünen.)

Als allerletzten Punkt erwähne ich, weil mir das ein wirklich großes Anliegen ist, die Änderung der ZPO im Hinblick darauf, daß auch Lebensgefährten von der Ablegung der Zeugnispflicht befreit werden sollten. Wir haben das hier vor ungefähr einem Jahr diskutiert, in der StPO geregelt, aber die Koalitionsparteien können sich nicht darauf verständigen, daß man eine Linie, die man einmal eingeschlagen hat und wo es sachlich keinerlei Punkte gibt, die das auch nur irgendwie in Frage stellen könnten, auch konsequent im Gesetz weiterführt.

Das hat überhaupt nichts zu tun mit einer Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner – absolut nicht! –, sondern dabei geht es nur darum, daß Menschen, die in Lebensgemeinschaft leben, vom Gesetzgeber nicht dazu verpflichtet werden, sich sozusagen selbst zu schaden, indem sie ihre Partner bezichtigen. Einzig darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren, und ich kann nicht erkennen, was dabei eine Gefahr für das Institut Ehe sein sollte.

Ich komme zum Schluß meiner Ausführungen, weil auch unsere Redezeit beschränkt ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grundstrukturen eines Eherechtes aus 1811 oder des Deutschen Ehegesetzes 1938 und ein bißchen Familienrechtsreform der siebziger Jahre: Unser Eherecht bietet ein äußerst inkonsistentes Bild, voll von veralteten Wertungen, voll von antiquierten Rechtsinstituten, voll von moralischen Bewertungen! (Widerspruch bei der ÖVP.) Die Chance, es zu ändern, die Chance, eine umfassende Reform durchzuführen, wurde nicht genutzt, und auch in Hinkunft werden Frauen, die im Regelfall in einer Beziehung noch der ökonomisch schwächere Teil sind, benachteiligt sein. Deshalb können wir dieser Kleinstnovelle unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

11.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Mag. Stoisits hat den Abänderungsantrag, der hier überreicht worden ist, in seinen Kernpunkten ausführlich dargelegt. Ich veranlasse jetzt die Verteilung dieses Antrages, und der Antrag wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen betreffend die Regierungsvorlage für ein Eherechts-Änderungsgesetz 1999 (1653 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (1926 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozessordnung, die Exekutionsord


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