Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 74

Das Eherecht greift ganz unmittelbar und direkt in das Zusammenleben von Menschen in den Familien ein. Daher haben wir im Grundsatzprogramm der SPÖ aus dem Jahr 1998 auch verankert, daß wir eine familien- und kindgerechte Gesellschaft anstreben. Damit ist auch der Vorwurf widerlegt, daß Kollege Jarolim "Kinder aus der Familie hinausdrängen" will.

Sinnvolle Regelungen in diesem Bereich können viel Positives für das Zusammenleben von Menschen bewirken, untaugliche und wenig taugliche Regelungen hingegen können Schaden, Leid und Schmerz anrichten und verstärken. Dieser Verantwortung, und zwar gerade bei dieser Materie, sind wir uns selbstverständlich bewußt. Daher treten wir von der SPÖ und daher trete ich gegen alle Bestrebungen auf, daß im Eherecht Regelungen nicht aus sachlichen, sondern nur aus ideologischen Gründen einerseits angestrebt oder andererseits verhindert werden sollen.

Meine Damen und Herren! Ein gutes Beispiel dafür ist die Debatte über die Beseitigung der sogenannten absoluten Scheidungsgründe und in diesem Zusammenhang vor allem des Ehebruchs. Obwohl alle Experten, die Familienrichter, die Arbeitsgruppe im Justizministerium und sogar die katholische Kirche die Abschaffung dieser hoffnungslos antiquierten Regelung begrüßt haben, hat sich dazu in der Öffentlichkeit über eine lange Zeit eine wenig sinnvolle Diskussion entwickelt. Obwohl ganz klar war, daß Ehebruch weiterhin eine schwere Eheverfehlung sein soll, wurde um diese Neuregelung künstlich, ja fanatisch diskutiert.

Für wichtig halte ich es, daß durch die Neuregelung des § 91 die Pflicht zur partnerschaftlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft verdeutlicht worden ist. Für wichtig halte ich auch die Schaffung des nachehelichen Unterhaltsanspruches unter eng eingeschränkten Voraussetzungen, grundsätzlich unabhängig vom Verschulden an der Scheidung und in besonderen Härtefällen. Die Lösung, die wir gefunden haben, ist zu begrüßen, obwohl ich mir eine weitaus bessere vorstellen könnte.

Wenig verständlich ist mir, warum in § 68a die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung bis zum fünften Lebensjahr des Kindes vermutet wird. Diese Festlegung auf das fünfte Lebensjahr scheint mir recht willkürlich zu sein. (Abg. Dr. Schmidt: Ist es auch!) – Ja, es scheint nicht nur, es ist so! Aber daran sollte es nicht scheitern.

Für eine weitere sinnvolle Maßnahme erachte ich es, daß auch bei Aufrechterhaltung der Haushaltsgemeinschaft die Leistung des Unterhaltes in Geld verlangt werden kann. Das beendet wohl zahlreiche unwürdige Situationen.

Aber besonders wichtig ist – daher möchte ich es trotz des roten Lichtes noch betonen –, daß das Konfliktregelungsmodell Mediation erstmals gesetzlich anerkannt wird. Damit wird ein bereits erprobtes Instrument verbessert nutzbar gemacht. Unser Anliegen ist es vor allem und muß es sein, dafür zu sorgen, daß Scheidungen – wenn es schon Scheidungen gibt, und das ist die Realität – in würdiger Form abgeführt werden und daß vor allem Kinder – das ist das Wichtigste – dabei keinen oder nur möglichst geringen Schaden davontragen. Es geht also darum, Kinder besonders zu schützen.

Die Mediation ist nicht nur im Scheidungsverfahren im engeren Sinn vorgesehen, sondern auch auf Besuchsrechte und Obsorgeverfahren anzuwenden. Ich verweise hier darauf, daß wir übermorgen, also am Freitag, eine Familienlastenausgleichsgesetz-Novelle beschließen werden, sodaß der Familienminister gemeinnützige Einrichtungen fördern kann, welche die Mediation oder Eltern- und Kinderbegleitung in Scheidungs- und Trennungssituationen anbieten.

Das vorliegende Eherechts-Änderungsgesetz bringt also eine Reihe von Änderungen für die schwächeren Partner mit sich. Das sind in der Regel nach wie vor die Frauen. Aber es führt auch zu Verbesserungen für Kinder. Wenn es nach meiner Fraktion oder nach mir gegangen wäre, dann wären die Regelungen weitreichender und die Neufassungen weniger zögerlich gewesen.

Immerhin ist es in einer Zeit des Vorwahlkampfes gelungen, in einer gesellschaftspolitisch besonders sensiblen Materie eine Gesetzesvorlage zustande zu bringen. In diesem Sinn – und nur


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