Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 103

den Güterverkehr auf Nebenstrecken einstellen zu wollen – zumindest dann, wenn die Länder nicht sofort bereit sind, mitzuzahlen.

Während also diese Kampagne läuft, hören wir gleichzeitig aus dem Mund der ÖBB-Pressesprecherin, Frau Kickinger,, was die Experten im übrigen ohnedies schon seit langen wissen, nämlich daß der LKW auf der Fläche weitaus billiger und flexibler sei als der Schienenverkehr und daher der ÖBB-Güterverkehr mittels eigenem LKW forciert werden wird. Das sagt Frau Kickinger, Pressesprecherin der Österreichischen Bundesbahnen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist wirklich doppelbödig, auf der einen Seite "Schiene statt Verkehrslawine" zu propagieren und auf der anderen Seite, wie das eben auch geschieht, etwa einen Stückgutdienst zwischen Villach und Lienz und rund um die Region des neuen Güterbahnhofes Stockerau einzustellen. Das, meine Damen und Herren, ist nicht in Ordnung, und das grenzt schon bedenklich an die sonst in der letzten Zeit im politischen Bereich geübte Praxis, nämlich auch in diesem Bereich eine Art "Schiene statt Verkehrslawine"-Lüge in die Welt zu setzen.

Auf der einen Seite etwas in einer Werbekampagne zu behaupten und auf der anderen Seite politisch etwas ganz anderes durchzuführen, das halten wir für keine nicht sehr anständige Vorgangsweise. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwemlein: Also Sie halten es für eine, weil Sie es zweimal verneint haben!)

Meine Damen und Herren! Der von der Koalition eingebrachte Entschließungsantrag korrigiert die einseitige Schienenausbaupriorität, und das ist richtig, und das ist notwendig, weil wir nicht die Augen vor der verkehrspolitischen Realität verschließen dürfen, weil die europaweite Zunahme der wirtschaftlichen Verflechtungen und der Verkehrsbeziehungen eben auch den Ausbau der notwendigen Straßenverbindungen erfordert.

Deshalb fordere ich auch eine bessere Dotierung des Autobahn- und Schnellstraßenausbaues. Denn in den nächsten zehn Jahren – dazu bekennen wir uns – werden mindestens 140 bis 150 Milliarden Schilling – das ist schon festgelegt – in den Ausbau der Schienenwege investiert, aber nur 30 Milliarden Schilling stehen für den Ausbau des Lückenschlusses zur Verfügung. (Abg. Schwemlein: Wie schaut die Bilanz der letzten 20 Jahre aus?) Dieses Geld kommt selbstverständlich nicht aus dem Budget (Abg. Seidinger: Straße zu Schiene 4 : 2!), sondern dieses Geld kommt wiederum vom Autofahrer, von der Verkehrswirtschaft, meine Damen und Herren!

Eine Einnahmen- und Ausgabenübersicht für die Straße ergibt einen Budgetüberschuß in der Höhe von rund 25 Milliarden Schilling, während die Ausgaben des Bundes für die Bahn deren Einnahmen um rund 26 Milliarden Schilling übersteigen.

Das, meine Damen und Herren, ist die finanzpolitische Realität. Die Bahn, das System Schiene, kostet uns, nämlich den Steuerzahler, sehr viel, und der Verlagerungseffekt ist derzeit ziemlich gering.

Ich hoffe aber, daß sich dieser Verlagerungseffekt durch den weiteren Ausbau tatsächlich einstellen wird, denn grundsätzlich bekennen wir uns selbstverständlich auch zum Ausbau der Schienenwege. Zumindest sollte der weitere Zuwachs des Straßenverkehrs damit eingebremst werden. Das wäre schon eine wichtige Zielsetzung.

Aber, meine Damen und Herren, klar ist auch, daß dieser Ausbau des Schienenverkehrs in einer sinnvollen Kosten-Nutzen-Relation stehen muß. Diese sinnvolle Kosten-Nutzen-Relation sehen wir jedenfalls in diesem Zusammenhang noch nicht ausreichend gegeben. Das müssen Sie auch eingestehen, wenn Sie diese Probleme und diese Fakten ehrlich analysieren und bewerten.

Meine Damen und Herren! Für uns von der ÖVP gibt es keine einseitig ideologisch motivierte Bevorzugung eines Verkehrsträgers. (Abg. Schwemlein: Das könnte ich mir nicht einmal vor


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite