Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 118

Deswegen wollen wir sie ja auch nicht!), welche ohne Zweifel nicht zur Sicherheit beitragen. (Abg. Dr. Schmidt: Da bin ich Ihrer Meinung!)

Frau Dr. Schmidt! Ich weiß nicht, wann der Moment war und wodurch er entstanden ist, daß in den Verhandlungen in Rambouillet und Paris und den Entschlüssen danach Rußland nicht mehr im Boot war, ich weiß nur eines (Abg. Dr. Schmidt: Herr Bundeskanzler, Sie laufen offene Türen bei mir ein!) – entschuldigen Sie, vielleicht können wir das dann fortführen –, ich weiß nur eines – und da gibt es in der Zwischenzeit gut fundierte Quellen dafür –, daß aufgrund der Tatsache, daß Rußland nicht mehr in dieser internationalen Staatengemeinschaft vertreten war, Milošević geglaubt hat, einen starken Partner zu haben. Und das war ein treibendes Moment für diese Greueltaten, die wir am Balkan erleben mußten. Daher halte ich es für so wichtig, daß wir eine Sicherheitsstruktur und Politik für Europa entwickeln können, die genau solche Blockbildungen und Teilungen vermeidet. (Abg. Dr. Schmidt: Ich auch! Genau das ist es!)

Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang eine Bemerkung: Wissen Sie, was ich an Solana so schätze? Daß er es ist, der die politische Vision entwickelt hat, daß wir eine Brücke zu bauen haben zwischen Rußland und einem Militärblock NATO, daß es wichtig ist, auch die Partnerschaft für den Frieden, auch die erweiterte Partnerschaft für den Frieden zur möglichen Zusammenarbeit in Krisen und sicherheitspolitischen Überlegungen aufzubieten. Das ist es, was ich für wichtig halte: Weg vom Pakt in Richtung einer Struktur einer Gemeinsamkeit und einer Zusammenarbeit!

Das war in Wirklichkeit der Grund – ich sage das sehr klar –, warum wir nach dem zumindest mißverständlich formulierten Erstpapier der deutschen Präsidentschaft über die Schlußfolgerungen des Rates von Köln besorgt waren. Aber ich bitte Sie, tun Sie nicht so, als ob nur Österreich besorgt gewesen wäre. Es waren auch Finnland, Irland und Schweden sehr besorgt über den Erstentwurf der deutschen Präsidentschaft vom Mai. Es sind darüber wirklich engagierte Diskussionen geführt worden, die dann schlußendlich zu dem, was in Köln beschlossen wurde, geführt haben, nämlich zum Bekenntnis zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspoliltik der Europäischen Union, die ein Miteinander ermöglichen soll, das aber sehr klar und deutlich sagt, daß die Europäische Union keine Artikel-5-Beistandspflichten übernehmen wird, daher kein Militärpakt wird und auf diese Weise die gleichberechtigte Teilnahme von paktfreien und neutralen Staaten ermöglicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wo steht das? Herr Bundeskanzler, wo steht das?)

Erlauben Sie mir, noch auf eines hinzuweisen – ich werde im Rahmen der Anfragebeantwortung dann noch darauf zu sprechen kommen, Frau Dr. Schmidt, weil Sie das immer sehr gut darlegen –, was Sie schon beachten sollten: daß Österreich drei Monate nach der Beschlußfassung über das Neutralitätsgesetz den Vereinten Nationen beigetreten ist und daß alle Staaten das auch völkerrechtlich so akzeptiert haben. (Abg. Dr. Graf: Das war der erste Schritt!) Wir in Österreich sind daher seit diesem Zeitpunkt – und nicht erst, seit Klima Bundeskanzler ist – der Meinung, daß eine Teilnahme an einem Krieg dann nicht gegeben ist, wenn ein Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen besteht.

Ich darf Sie auf folgendes hinweisen: Wenn Sie den gesamten Titel V der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union lesen, dann werden Sie in der Präambel bereits sehen, daß alle Maßnahmen dieser Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen zu stehen haben. (Abg. Dr. Petrovic: Wie war das mit dem NATO-Bombardement?) Sehr klar und deutlich: im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen.

In der Charta der Vereinten Nationen sind zwei Krisenbewältigungsmaßnahmen vorgesehen (Abg. Dr. Petrovic: Wie war das mit dem NATO-Bombardement? Das war nicht im Einklang mit der Charta! – Abg. Scheibner: Alles ohne UNO-Mandat!) – darf ich das ausführen –: Die erste Form, wie Maßnahmen beschlossen werden können, beruht auf Basis eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. (Abg. Wabl: War das im Einklang?) Die zweite Form ist der Artikel 51 in der Charta der Vereinten Nationen, das Recht auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung. (Abg. Dr. Petrovic: Sie scheinen eine andere Wahrheit zu haben!)


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