Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 132

an Militäraktionen teilnimmt oder sich heraushält. Da gibt es gewisse Regeln, etwa das Verbot der Überflugsgenehmigungen, die Gleichbehandlung aller Konfliktparteien et cetera.

Auf der anderen Seite gibt es die dauernde Neutralität, Herr Kollege Kostelka, Herr Bundeskanzler. Und der dauernd Neutrale hat eben nicht nur die Verpflichtung, angesichts eines aktuellen Konflikts neutral zu sein ... (Abg. Dr. Kostelka: Sie wollen die Neutralität abschaffen! Das, was Sie wollen, ist ein NATO-Beitritt auf dem Schwindelweg! Das ist die Unehrlichkeit in Ihrer Politik! Sagen Sie doch, was Sie wollen!)

Herr Kollege Kostelka, da geht es nicht ums Wollen, sondern es geht darum, daß Sie die Neutralität abgeschafft haben und sich hier heute als Anwalt dieser Neutralität aufspielen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kostelka! Der dauernd Neutrale – und das ist der Mindestkonsens, der im Völkerrecht verankert ist – muß auch im Frieden all das vermeiden, was ihn im Konfliktfall in eine Konfliktsituation mit dieser partiellen Neutralität bringt. Eine Grundvoraussetzung ist, daß er eben nicht Mitglied einer internationalen Organisation werden darf, die kollektive Sicherheitsmaßnahmen vorsieht.

Das ist eine Grundvoraussetzung für einen dauernd Neutralen! Aber spätestens mit dem Beitritt zur Europäischen Union haben Sie diese Grundvoraussetzung gebrochen. Spätestens mit dem Beitritt zur Europäischen Union haben Sie die Neutralität Österreichs aufgegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Alles andere ist nur Makulatur, das ist nur Hin- und Hergerede! (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka.)

Herr Kollege Kostelka! Ich lese Ihnen Ihre Interpretation, die Erklärung zum Neutralitätsgesetz 1955 vor. (Abg. Dr. Kostelka: Sie lesen nie das Verfassungsgesetz! Aus guten Gründen!) – Das Gesetz soll ich Ihnen auch vorlesen? – Gut, bitte, lesen wir das Gesetz auch noch vor. Warum? Was steht da drinnen? (Abg. Dr. Kostelka: Weil Sie genau wissen, daß keine Verletzung der Neutralität erfolgt ist, sondern daß im Gegenteil ...!)

Folgendes steht im Neutralitätsgesetz: "Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrecht erhalten und verteidigen." – Da sind schon ein paar Dinge drinnen, über die man diskutieren könnte, etwa im Zusammenhang mit der Verteidigung, ob Sie das jemals ernst genommen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Weiter heißt es hier: "Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiet nicht zulassen." – Zitatende.

Herr Kollege Kostelka! Und in den Erläuterungen zu diesem Neutralitätsgesetz steht: "Der dauernd neutrale Staat ist verpflichtet, keine Bindungen einzugehen, die ihn in einen Krieg verwickeln könnten." – Ich betone: "könnten", Herr Kollege Kostelka!

Genau das ist diese Forderung, daß ein dauernd Neutraler eben keiner Organisation beitreten darf, die es ihm überhaupt ermöglicht, anhand eines Konfliktes zu entscheiden, ob er mitmacht oder nicht. Genau das haben Sie aber beim Kölner Gipfel mit beschlossen. Denn was steht denn in dieser Vereinbarung? – Ich muß Ihnen sagen, ich war überrascht darüber, daß in Europa die gemeinsame Verteidigung endlich ernst genommen wird. – Da steht plötzlich drinnen, daß man eine gemeinsame europäische Verteidigung aufbauen wird, daß man bis zum Ende des Jahres 2000 die Westeuropäische Union – ein Militärpakt, Herr Kollege Kostelka, Herr Bundeskanzler! – mit der Europäischen Union verschmelzen wird und daß es damit eine gemeinsame Verteidigung gibt.

Meine Damen und Herren! Eine gemeinsame Verteidigung ohne Beistandsgarantie ist nicht möglich. Das hat der neue Mister GASP, Solana, den der Herr Bundeskanzler so gelobt hat, ja


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