Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 147

Ihrem Bundesgeschäftsführer eine ebenso intensive Gesprächsbasis gibt wie zwischen Exekutive und Legislative. Wir würden uns also freuen, wenn das passieren würde.

Es wäre die Aufgabe des Österreichischen Rundfunks, daß er in diesem Zusammenhang auch einmal aufzeigt, wo die Widersprüchlichkeiten dieser Regierung sind, und nicht immer nur das berichtet, was uns Herr Geschäftsführer Rudas dann auch über die Medien ausrichten läßt und was etwa bei der Runde der Generalsekretäre oder Bundesgeschäftsführer zu hören war.

In zunehmendem Maße – das sage ich auch in Richtung von Frau Abgeordneter Hlavac – gewinnt man den Eindruck, daß man glaubt, man kann die Leute mit ganz feinen Nuancen hinters Licht führen. Es ist richtig, daß Österreich als neutraler Staat der Europäischen Union beigetreten ist. Das ist gar keine Frage. Aber die Frage ist, wie sich das weiterentwickelt. Wenn all das, was wir hier gemacht haben, ohne weiteres mit der Neutralität vereinbar wäre, dann hätte es keiner Verfassungsänderung, insbesondere keiner Änderung des Artikels 23 f B-VG bedurft.

Frau Abgeordnete Hlavac! Es hätte auch nicht schon 1991 einer Änderung des § 320 Strafgesetzbuch bedurft, der ja ausdrücklich Neutralitätsgefährdung heißt. Wenn das stimmt, was uns auch der Herr Bundeskanzler hier erzählt hat, nämlich daß seit 1955 ohnehin alles klar ist, wenn aufgrund eines UN-Sicherheitsmandates eine Aktion stattfindet, dann frage ich Sie: Warum hat man dann 1991 den strafgesetzlichen Tatbestand der Neutralitätsgefährdung ändern müssen, damit militärische Materialien mit Destination Irak durch Österreich durchgeführt werden können? Wenn seit 1955 ohnehin schon so klar war, daß das keine Neutralitätsgefährdung darstellt, dann hätte man das Strafgesetzbuch nicht ändern müssen. Sie haben es deshalb geändert, weil es sonst schlicht und einfach strafbar gewesen wäre, und die Gerichte wären auch verpflichtet gewesen, das zu exekutieren. Damit das nicht stattfindet, haben Sie 1991 den § 320 Strafgesetzbuch, Neutralitätsgefährdung, geändert, und zwar nach Mitternacht in diesem Haus.

Jetzt hat man gemeint, es sei ohnehin alles klar. Dann frage ich mich: Warum hat es dann im Zuge des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union und insbesondere dann in der Fassung des Amsterdamer Vertrages noch einmal – das hat Frau Abgeordnete Kammerlander richtig angesprochen – eine Änderung des § 320 Strafgesetzbuch, Neutralitätsgefährdung, gegeben, wenn das ohnehin alles kein Widerspruch ist, Frau Abgeordnet Hlavac, wenn das ohnehin in diesem Hause und nach allgemeiner Judikatur niemals einen Konflikt auslösen könnte?

Sie haben deshalb das Strafgesetzbuch auch im Zuge des Amsterdamer Vertrages geändert, weil Sie wissen, daß ansonsten, wenn das so gemacht wird, wenn nämlich solche Maßnahmen gesetzt und von Österreich mitgetragen werden (Abg. Dr. Hlavac spricht mit Abg. Dr. Gusenbauer) – Frau Abgeordnete Hlavac, mir ist wichtig, daß Sie das hören, weil ich einfach aufzeigen möchte, daß Sie nicht mehr in sich schlüssig argumentieren –, in Wahrheit auch die Regierungsmitglieder gefährdet sind, nach § 320 Strafgesetzbuch einen Konflikt auszulösen. Das alles wollten Sie nicht, und deswegen haben Sie das geändert.

Dennoch stellen Sie sich heute hier heraus und sagen allen, die dort oben auf der Galerie sitzen: Macht euch keine Sorgen! Es ist alles in Ordnung! Seit 1955 ist unsere Linie klar. Wir müssen zwar immer wieder den § 320 Strafgesetzbuch, der da heißt Neutralitätsgefährdung, ändern, aber Sie brauchen doch nicht zu glauben, daß das Bedeutung hat, denn in diesem Haus machen wir so vieles ohne Bedeutung, und wir ändern immer wieder gern einmal das Strafgesetzbuch, weil es ja in Wahrheit sonst nichts zu tun gibt.

Das wird Ihnen niemand glauben, sondern die Leute werden verstehen, daß man das deshalb macht, weil es einen sehr realen Hintergrund hat, und der könnte sein, daß die Regierungsmitglieder strafgesetzlich auch einmal belangt werden, wenn sie sich nicht daran halten.

Meine Damen und Herren! Ich möchte insbesondere darauf hinweisen, daß der Herr Bundeskanzler gerade aus diesem Grund, obwohl er gesagt hat, er möchte eine Diskussion über diese Frage führen, unsere Dringliche Anfrage in vielen Bereichen nicht beantwortet hat. Wir haben nämlich ganz bewußt 20 Fragen gestellt, in denen wir gerade auch auf die rechtliche Seite abgestellt haben, weil wir eines, meine Damen und Herren, in diesem Diskurs erreichen wollen: Wir


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