Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 174. Sitzung / 250

Warum hat er Geschichte? – Das Fortpflanzungsmedizingesetz ist kein schlechtes Gesetz; es war einfach der Fortschritt der Medizin, der uns da überrollt hat. Es war ja bis vor kurzem gar nicht möglich, dieses Tieffrieren durchzuführen, weil man Angst gehabt hat, daß es durch das Tieffrieren zu einer Auskristallisierung und damit zu einer Vernichtung dieser Zellen kommt. Heute können wir ganze Eierstöcke tieffrieren. Der Fortschritt der Medizin überholt uns einfach.

Das Fortpflanzungsmedizingesetz ist nicht schlecht. Es verbietet zum Beispiel das Klonieren, eine Entwicklung, die vor fünf Jahren auch noch nicht vorhersehbar war. Das heißt, wir haben es hier mit einem Gesetz zu tun, das ständig mit dem medizinischen Fortschritt in Widerspruch geraten muß.

Ich meine daher, wir sollten auf die Experten hören, und Frau Abgeordnete Pittermann ist eine wirklich ausgezeichnete Expertin auf diesem Gebiet. Wir sollten aber nicht nur auf Experten hören, sondern wir sollten auch auf unsere menschliche Stimme hören und sagen: Nicht alles, was Juristen uns vorgeben, ist das Maß aller Dinge. Vielleicht sollten wir einfach mit, wie der Engländer sagt, "common sense" das erlauben, was menschlich ist und was logisch ist. (Abg. Tichy-Schreder: "Hausverstand" würde ich sagen, nicht "common sense"!)

Ich glaube, ein Parlament, das Signale für ein lebensnahes Leben für Krebskranke an solche Menschen senden will, sollte in dieser Frage rasch einen auf Expertenmeinung gegründeten Gesetzesänderungsantrag beschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es kostet nichts, es schadet niemandem, und es ist ein Stück mehr Gerechtigkeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.14

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Sich fortzupflanzen ist und bleibt bei allen Lebewesen Thema Nummer eins. Das soll aber nicht bedeuten, sich gegenseitig fortwährend zu pflanzen (Heiterkeit des Abg. Dr. Rasinger), und deswegen haben wir heute endlich einmal einen Vierparteienantrag zu diesem Thema zur Abstimmung im Parlament vorliegen. (Abg. Dr. Rasinger: Eine Partei fehlt! – Abg. Schieder: Vielleicht ist das andere schöner!) Das ist durchaus eine Möglichkeit.

Wie ist es zu diesem Antrag gekommen? – Ich habe am 26. November 1998 im Justizausschuß einen Antrag zum Fortpflanzungsmedizingesetz eingebracht, und dieser hat die Gesamtproblematik eines Gesetzes behandelt, das zum derzeitigen Zeitpunkt vorsieht, Samen und Eizellen, die zu einer künstlichen Befruchtung vorgesehen sind, nach einem Jahr wieder zu vernichten.

Was heißt das jetzt für den Patienten? – Stellen Sie sich vor, ein junger Mann im zeugungsfähigen Alter bekommt Hodenkrebs. Er möchte mit seiner Partnerin aber Kinder haben und daher vor Behandlung seiner Erkrankung, die ihn ja unfruchtbar macht, seine Samen einfrieren lassen, um diese nach Beendigung seiner Therapie, aus der er hoffentlich oder mit großer statistischer Wahrscheinlichkeit auch gesund hervorgehen wird, zu verwenden. Das kann er aber nicht, weil die Therapie länger dauert und die Samen daher weggeworfen werden müssen. Die ganze Prozedur war also umsonst.

Oder ein zweites Beispiel: Eine junge Frau kann auf natürlichem Weg kein Kind bekommen. Sie unterzieht sich einer künstlichen Befruchtung mit der hormonellen Stimulierung, mit der Eizellenentnahme, wird schwanger und bekommt ein Kind. Jetzt hätte sie aber gerne ein zweites Kind. Sie kann es auf normalem Weg nicht bekommen, hätte aber gerne ein zweites. Blöderweise ist aber jetzt nach all den Versuchen und nach der bekannterweise neun Monate lang dauernden Schwangerschaft die Einjahresfrist dahin, und sie kann wiederum diese Eizellen nicht mehr verwenden. Das heißt, sie muß sich nun zum einen der ganzen körperlichen und zum anderen auch der seelischen Belastung einer neuerlichen künstlichen Befruchtung unter


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