Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 56

Es ist nicht mehr und nicht weniger, meine Damen und Herren, als eine Systemkosmetik, die das Ziel hat – was ich aus Ihrer parteipolitischen Sicht verstehe; Sie sind an der Macht, in der Regierung, aber für das Land ist es nicht gut –, sich am 3. Oktober Dankbarkeit von allen Bevölkerungsgruppen abzuholen. Die Landwirte bekommen 1,2 Milliarden, 500 Millionen bekommen diese, 500 Millionen jene, und jeder, vom Wirtschaftsbund bis zur Arbeiterkammer, kann dann zu irgendeiner Versammlung gehen und sagen: Schaut, liebe Freunde, welche Geschenke ich euch mitgebracht habe!

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ist das wirklich Ihr einziger Anspruch an die Politik? Glauben Sie wirklich, daß das das von Nowotny so gerühmte Reformwerk ist? – Ich bin nicht dieser Auffassung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie haben sich die Aufgaben, die Sie erledigen wollten, selbst gesetzt, Herr Professor! Sie haben eine Steuerreformkommission eingesetzt, und Sie haben dieser Steuerreformkommission auch eine begleitende Kontrolle mitgegeben, eine begleitende Kontrolle in Form von zwei anerkannten Fachleuten: Professor Lukesch und Professor Nowotny, als "Bremsfallschirme" der Koalition, damit Ihnen die Steuerreformkommission nicht Vorgaben macht, die Sie nicht erfüllen können. Auch dafür habe ich noch Verständnis, aber können Sie, Herr Professor Lukesch oder Herr Professor Nowotny, mir sagen, welche der Anregungen der Steuerreformkommission wirklich von Ihnen umgesetzt wurden? (Abg. Dr. Lukesch: Na selbstverständlich! – Abg. Dr. Höchtl: Professor Lukesch wird das im einzelnen erklären!) – Dann kommen Sie hier heraus und sagen Sie, was die Steuerreformkommission vorgeschlagen hat und was Sie davon umgesetzt haben! Wenn Sie dann immer noch den Mut haben, zu sagen, das wäre ein Reformwerk, dann zeihe ich Sie der Realitätsverweigerung – und das mit gutem Recht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben aus dem "Brockhaus" gehört – es ist gar nicht schlecht, ab und zu einmal in einer Enzyklopädie zu lesen –, daß eine Reform die Anpassung an einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel ist. Haben Sie nicht bemerkt, daß wir eine neue Arbeitswelt haben, wo die Belastung des Faktors Arbeit eine große Rolle spielt? Finden Sie irgendeine Form der Entlastung des Faktors Arbeit in Ihrer sogenannten Reform?

Ich habe hier das "WirtschaftsBlatt" vom 3. März 1999: "Keine Steuerreform ohne Senkung der Lohnnebenkosten". – Ich verstehe schon, warum Leopold Maderthaner heute nicht hier ist, er müßte ja dagegen stimmen, denn Leopold Maderthaner hat allen Unternehmern Österreichs deutlich versprochen: Keine Steuerreform ohne Senkung der Lohnnebenkosten! – Herr Bundesminister (der Redner zeigt Bundesminister Edlinger die Überschrift im "WirtschaftsBlatt"), für Sie zur Prüfung. (Bundesminister Edlinger: Ich lese die Zeitung nicht!) – Er darf also nicht zustimmen, oder er hat seine WählerInnen falsch informiert.

Dieses sogenannte Reformwerk gibt keine Antwort auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel der neuen Arbeitswelt, keine Antwort auf die steigende Finanzierungsproblematik der sozialen Netze, insbesondere in der Frage der Gesundheits- und der Altersvorsorge.

Glauben Sie wirklich, daß Sie jetzt, nachdem Sie die Absetzbarkeit der privaten Pensionsvorsorge mit dem Steuerreformpaket 1996 nahezu auf Null reduziert haben, mit einem Prämiensystem in der Höhe von 619 S im Jahr die Altersvorsorge auf eigene Beine stellen werden? – Sie werden mir sagen: ein erster Schritt. Ich sage Ihnen: Das ist nicht einmal ein Schrittchen! Das ist nur der gute Wille – ich möchte, aber ich kann nicht.

Die ungelöste ökologische Aufgabe ist ein gesellschaftliches Problem. Die Ökologisierung des Steuersystems kommt schlicht und einfach nicht vor.

Herr Bundesminister! Sie waren es, der uns mehrfach Hoffnung gemacht hat, daß Sie in der Lage sein werden, hier Reformschritte einzuleiten. Aber Sie legen hier ein Steuerpaket vor, das kein Reformpaket ist, weil es keinen Wandel mit sich bringt, und Sie haben keine Antwort auf ein unkontrolliertes Wachsen der Finanzmärkte, das uns Liberalen große Sorge macht, außer einer sogenannten Gemeindebausteuer. Ich bin überzeugt davon, Herr Bundesminister: Sie werden sie jetzt schlummern lassen bis zum 4. Oktober, da hat sie ihre Aufgabe erfüllt, und dann werden Sie sie sterben lassen, weil Sie als gescheiter Mensch wissen, daß sie nicht erfüll


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