Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 57

bar ist. Eine Steuer, deren Einhebung mehr kostet, als sie bringt, werden nicht einmal Sie einführen.

Sagen Sie doch: Das ist eine Wahlkampfsteuer, die wir bis zum 3. Oktober brauchen, dann ist der Gemeindebau zufrieden, und dann schaffen wir sie wieder ab. – Das wird der Weg sein, den Sie gehen.

Sie haben also auf alle vier wesentlichen Fragen – Arbeitswelt, soziale Netze, Ökologisierung, Finanzmärkte – keine Antwort gehabt. Und wenn Sie, Herr Professor Nowotny, das Reform nennen, dann bewundere ich Ihren Mut oder fürchte mich eigentlich vor Ihrer Selbstüberschätzung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Es fehlt nicht an internationalen Beispielen dafür, was man im Umfeld der Europäischen Union tun könnte, an positiven Beispielen, an Vorbildern, an Vorreitern, die zeigen, wie man Beschäftigung erhöht, wie man Ausgaben reduziert und Defizite abbaut.

Nehmen Sie Holland! Anhand dieses Beispiels können wir im Drittvergleich hinsichtlich der Arbeitswelt lernen, etwa bei Best Practice. Nehmen Sie Dänemark! Da können wir lernen ... (Abg. Dr. Lukesch: Die haben eine höhere Arbeitslosenrate als wir, sie haben sie nur abgeschwächt!) – Ich weiß nicht, ob wir zwei jetzt darüber diskutieren müssen, wie hoch die Arbeitslosenrate in Österreich wirklich ist. Dieter, du weißt und ich weiß, daß man angesichts von 214 000 Frühpensionisten natürlich eine andere Form gewählt hat, Arbeitslose zu "parken". Aber das Problem besteht nach wie vor. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist momentan auch der Fall!)

In Dänemark können wir uns Vorbilder bezüglich der Ökologisierung des Steuersystems nehmen. Deutschland hat trotz der Wiedervereinigung, trotz dieser vielen 100 Milliarden an Aufwendungen eine niedrigere Staatsquote als Österreich. Großbritannien kann uns ebenfalls als Vorbild dienen. (Abg. Dr. Nowotny: Und was haben sie davon?) – Herr Professor! Ich komme noch dazu. Sie haben größere Spielräume ... (Abg. Dr. Nowotny: Höhere Arbeitslosigkeit! Doppelt so hoch!)

Herr Professor! Nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, daß es eine absolute Desinformation der österreichischen Bevölkerung ist, wenn Sie aus Arbeitslosenstatistiken vorlesen, die nicht drittvergleichsfähig sind. 214 000 Frühpensionisten, mittlerweile sind es an die 220 000, sind drittvergleichsfähig (Abg. Dr. Nowotny: Die Erwerbsquote ist ja höher!) selbstverständlich der Arbeitslosigkeit zuzurechnen. Das wissen Sie. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Lukesch: Skandalös!)

Es ist nicht skandalös, wenn man anderer Meinung ist, Herr Professor Lukesch! Der hohe Thron des Professors sollte nicht zu Überheblichkeit animieren.

Gehen wir weiter im Drittvergleich! Irland hat sicherlich viele EU-Förderungen bekommen. Beim Wirtschaftswachstum kann es uns ein Vorbild sein. Finnland und Schweden sollten uns Vorbilder beim Defizitabbau sein. Ich glaube, ... (Bundesminister Edlinger: Höhere Steuerquote!) – Herr Finanzminister! Sie haben recht, diese Länder haben eine hohe Steuerquote, aber sie haben die Steuerquote gesenkt und das Defizit abgebaut. Diese zwei Länder haben beides geschafft. Sie haben das Defizit jedoch noch nicht abgebaut, es steigt weiter, und Sie haben die Steuer- und Abgabenquote in den letzten zehn Jahren – für die letzten drei Jahre der Finanzpolitik sind Sie verantwortlich – laufend angehoben.

Das ist ja das Problem, daß wir Anfang der neunziger Jahre eine Steuer- und Abgabenquote in Österreich in der Höhe von etwas über 40 Prozent hatten, diese aber heute bei 45 Prozent liegt. Da ist leicht wirtschaften, Herr Finanzminister, wenn man laufend neue Einnahmen erschließt. Es ist wohl die Kunst Ihrer Politik, dies zu tun, ohne daß es einen Aufstand in der Bevölkerung gibt.


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