Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 229

Die Diagnose ist also einmal als objektiv zu bewerten; aber bei der Therapie, Herr Bundesminister – damit die Botschaft nicht so positiv wird –, sind Sie uns einiges, wenn nicht alles schuldig geblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, es genügt eigentlich ein Blick auf Seite 91, Herr Bundesminister, um festzustellen, wo die Probleme liegen. In Ihrem Bericht halten Sie fest – wörtliches Zitat –:

Die betriebswirtschaftlichen Soll- beziehungsweise Richtwerte werden im Durchschnitt nur von Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitern erreicht beziehungsweise überschritten, die kleineren Betriebe verfügen über zu wenig Eigen- wie auch über zu wenig Risikokapital. – Zitatende.

Das ist das Problem, das wir in der österreichischen Wirtschaft haben, und auf Seite 92 wird ähnliches im Hinblick auf die Tourismusbetriebe gesagt. Meine Kollegen werden noch im speziellen darauf eingehen.

Das heißt also, Herr Bundesminister, daß sich an Sie – als wichtigen Vertreter die Wirtschaft betreffend – in dieser sozialistischen Koalitionsregierung die Frage stellt: Was haben Sie getan, um dieses Problem der mangelhaften Eigenkapitalquote zum Besseren zu wenden? Welche Maßnahmen haben Sie getätigt? Sie haben ja heute in der Koalition ein sogenanntes Steuerreformkonzept beschlossen, welches nahezu nichts beinhaltet, was diese Eigenkapitalquote verbessern könnte. Böhacker und andere freiheitliche Redner und auch Redner aus anderen Oppositionsparteien haben Ihnen das ja nachgewiesen.

Das heißt also, Sie haben die Diagnose richtig gestellt, aber die Therapie haben Sie nicht eingeleitet. Das ist Ihnen vorzuwerfen.

Meine Damen und Herren! Es wurde nichts getan zur Senkung der Lohnnebenkosten, insbesondere hiebei! Ihnen, Herr Bundesminister, wäre es gut angestanden, einen Vorschlag aufzugreifen, nämlich dahin gehend, daß zum Beispiel die Wirtschaftskammer Österreich bei den Lohnnebenkosten der ab 50jährigen, also jener Arbeitnehmer, die heute besondere Schwierigkeiten haben, den Beitrag der Kammerumlage 2, der zirka 0,5 Prozent ausmacht, auf Zeit streichen sollte. Gleiches wäre dann natürlich – das ist allerdings nicht Ihrem Ressortbereich zuzuordnen – bei der Arbeiterkammer im Hinblick auf den Arbeiterkammerbeitrag von 0,5 Prozent einzufordern.

Sie hätten also damit die Lohnnebenkosten mit einem Schlag um ein ganzes Prozent gesenkt, ohne daß der Steuersäckel mit einem roten Heller belastet worden wäre, und damit für die klein- und mittelständischen Betriebe Möglichkeiten geschaffen, ihre Gesamtzahlen schrittweise zu verbessern. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das wäre positiv gewesen, das wäre innovative Politik, Herr Bundesminister, und das hätten Sie einleiten müssen. Denn nur mit der Ankündigung, es würde eine Gründerwelle quasi eingeleitet, und diese Welle würde dann so viele Tausend Arbeitsplätze schaffen, ist es nicht getan. Wir wissen ja alle, daß aus dieser plakativ ausgerufenen Gründerwelle in der Zwischenzeit nur ein Rinnsal geworden ist.

Meine Damen und Herren! Natürlich ist das Problem, warum in Österreich insgesamt zu wenige Unternehmer vorhanden sind, die wiederum Arbeitsplätze und Lehrlingsausbildungsplätze bereitstellen, nicht einfach zu sehen. Im Rahmen der sehr interessanten Serie "Standort Österreich" müssen wir in einer der jüngsten "Presse"-Ausgaben lesen, daß wir dort, wo es um die Gründerwelle, um das Selbständigsein geht, international im Hintertreffen sind: Beim "Drang in die Selbständigkeit" finden wir uns unter vergleichbaren Ländern an 45. Stelle, Herr Bundesminister! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.)

Ich weiß natürlich, daß Statistiken hin und wieder mißbraucht werden, aber dann sollten Sie auch bei der "Presse" einmal vorstellig werden, ohne jetzt Zensor sein zu müssen, denn diese wird ja auch mit Millionen der Wirtschaftskammer finanziert – ich glaube, 90 Millionen Schilling kommen da von der Wirtschaftskammer –, und ich hoffe nicht, daß das eine Lüge ist, die wir hier lesen müssen!


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