Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 175. Sitzung / 235

Aber dennoch, verstehen Sie doch: Sie haben mit Ihren Rahmenbedingungen, die Sie den Klein- und Mittelbetrieben – vor allem in der Nahversorgung – gesetzt haben, 50 Jahre Zeit gehabt, am Versuch eins zu eins zu probieren, was mit der Nahversorgung passiert! Und, Herr Minister, sie stirbt! Also müssen Sie offensichtlich zu neuen Rezepten greifen, mit denen diese Unternehmungen eine neue Chance haben.

Wenn Sie die wirtschaftliche Lage der Klein- und Mittelbetriebe Österreichs auf der Seite 91 dieses informativen Berichtes abbilden, stellen Sie eigentlich eine Summe von virtuellen Unternehmungen dar. Ich durfte Ihnen das im Ausschuß schon sagen. Wenn die Betriebe bis 50 Mitarbeiter eine rund um die Nullinie oszillierende Eigenkapitalquote haben, wenn die Anlagendeckung deutlich unter 100 Prozent liegt und wenn der Cash Flow der Betriebsleistung auch um die Nullinie herum oszilliert – zwischen minus 4 und plus 4 Prozent –, dann beschreiben Sie damit Betriebe, Herr Bundesminister, die ökonomisch nicht lebensfähig sind. Es wäre doch recht spannend, einmal darüber nachzudenken, warum es sie überhaupt noch gibt.

Sie haben dankenswerterweise eine Initiative ergriffen, in deren Rahmen Sie eingeladen und gesagt haben: Wir müssen uns darüber unterhalten, was wir getan haben, sodaß die Zahl der Insolvenzen im Mai 1999 geradezu explodiert. – Ich glaube, daß die Zahl der Insolvenzen weiter explodieren wird, und zwar nicht nur im Privatkonkurs, sondern vor allem auch im Bereich der Firmeninsolvenzen, die zu einem großen Teil nicht eröffnete Konkurse, abgewiesene Konkursanträge sind.

Denn den Strukturwandel, den es heute in der Wirtschaft gibt, können wir nicht aufhalten. Wir würden einen Fehler machen, würden wir ihn aufhalten wollen. Es würde unsere kleinen und mittleren Betriebe in diesem Strukturwandel schwächen, weil wir ihnen zu rigide, zu enge Rahmenbedingungen vorsetzen.

Ihre Chance, die sie haben – und sie haben eine Chance; ich glaube fest daran, daß sie eine Chance haben –, ist eine Nischenstrategie. Nischenstrategie findet dann statt, wenn es Kundennachfrage gibt. Wenn Sie sie daran hindern, wenn Sie Kundennachfrage durch kombinierte Sortimentsgewerbeordnung, durch Ladenöffnungsfragen, durch sonstige Fragen behindern, dann behindern sie die Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben.

Herr Bundesminister! Wir haben das Phänomen, daß Klein- und Mittelbetriebe zuwenig wachsen. Wir haben eine Reihe von Gründungen; wir haben nach den Gründungen auch ein relativ langes Überleben, es sind relativ wenige, die ausscheiden – das mag sicherlich mit guter Ausbildung zusammenhängen, gar keine Frage –, aber wir haben eine Unternehmerfrustration. Herr Präsident Maderthaner hat es ja angesprochen. Er sprach von Bürokratie, er sprach von zu hohen Lohnnebenkosten, er sprach von zu vielen Gesetzen.

Wovon er nicht gesprochen hat – aber ich ergänze es gerne, Herr Präsident –, ist die Steigerung der Betriebskosten wie etwa Kanalgebühren, Müllgebühren und so weiter, das alles trifft den Kleinen. Den Haushalt trifft es viel weniger als den kleinen Gewerbebetrieb.

Wenn Sie die Jahre 1988 und 1997 vergleichen und dazu die Städte Graz, Linz und Wien heranziehen, dann sehen Sie, daß sich die Betriebskosten, die ich eben angesprochen habe, in Graz verdoppelt haben; in Linz sind sie um zwei Drittel gewachsen, in Wien ebenfalls. Der Verbraucherpreisindex ist im selben Zeitraum um 28 Prozent gewachsen. (Abg. Dr. Fekter: Das habe ich im Mai-Plenum ausgeführt! Gut aufgepaßt! Genau diese Städte haben wir auch kritisiert!) Wissen Sie, Frau Dr. Fekter, Sie sind eine so kluge Frau, daß ich gerne von Ihnen lerne! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Sie haben im Ausschuß richtigerweise ausgeführt, welche Kostenreduktionen – vor allem durch den Beitritt zur Europäischen Union; das ist ein Erfolg dieser Bundesregierung, der nicht zu schmälern ist – eingetreten sind, haben aber nicht dazugesagt, welche Mehrkostenbelastungen in den letzten fünf, sechs Jahren eingetreten sind, die diese Kostenreduktionen teilweise überstiegen haben. Über die Frage der Umweltkosten habe ich gesprochen. Die Arbeitskosten sind uns bekannt. Die Bürokratiekosten sind uns bekannt. Ins


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