Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 176. Sitzung / 177

Obwohl in Österreich der Denkmal- und Kulturgüterschutz eine höhere Stellung genießt, darf es wirklich nicht so weit gehen, daß das private Eigentum völlig dem öffentlichen Interesse untergeordnet wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn dies kommt de facto einer Enteignung gleich. Dem Eigentümer wird also beinahe jede Möglichkeit einer Veränderung unbeweglicher Denkmäler genommen. Darüber hinaus wird dem Eigentümer eines Kulturgutes in rechtsstaatlich wirklich bedenklicher Weise untersagt, dieses sein Eigentum frei zu veräußern. Es wäre daher wirklich – noch einmal! – dringend notwendig, hier eine Abwägung vorzunehmen und dem öffentlichen Interesse das persönliche, private und wirtschaftliche Interesse der Eigentümer gegenüberzustellen. Der Entwurf für das neue Denkmalschutzgesetz berücksichtigt diese Bedenken leider überhaupt nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ebenso wird die wirtschaftliche Nutzung durch den Eigentümer stark beschränkt. Bei derartig massiven Eingriffen in privates Eigentum wäre es daher dringend notwendig, dem Eigentümer eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. Der Staat darf also, wie wir schon gesagt haben, keine Enteignungen vornehmen, ohne finanziell vorzusorgen.

Zum Abschluß: Aus diesen Gründen bedarf das Denkmalschutzgesetz in der vorliegenden Fassung dringend einer Überarbeitung. Die FPÖ kann daher diesem Entwurf leider nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ablinger mit 3 Minuten gewünschter Redezeit. – Bitte.

20.07

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Kollege Morak hat gesagt, er werde diesem Gesetz freudig zustimmen. Man muß ja nicht immer freudig zustimmen, ich kann diesem Gesetz jedenfalls zustimmen. Warum nicht freudig? – Ich glaube – und das ist auch eine Kritik des Verfassungsdienstes –, daß dieses Gesetz zum Teil sehr schwierig zu lesen ist und unklare Formulierungen beinhaltet. Diese Kritik halte ich für berechtigt.

Aus vielen anderen Gründen, die heute schon genannt worden sind, kann ich jedoch zustimmen. Ein Punkt sei besonders erwähnt: Die vorläufige Unterschutzstellung von Archivalien finde ich richtig und notwendig, sie war auch ein besonderer Wunsch der Historikerkommission im Zusammenhang mit der Wiedergutmachung an Zwangsarbeitern. Das halte ich für richtig und ist unter anderem auch ein Grund für meine Zustimmung zu diesem Gesetz.

Sie haben, Frau Ministerin, sehr schön gesagt: Denkmalschutz muß leben! Das halte ich für einen ganz entscheidenden Punkt. Es gibt etwa in Großbritannien große und interessante historische Industrieanlagen, die – über den National Trust geschützt – die Geschichte der Industrialisierung verdeutlichen. Es wäre interessant, so etwas auch in Österreich zu realisieren.

Noch ein vorletzter Punkt: Eine Aufgabe und Herausforderung für den Denkmalschutz in Österreich ist meiner Ansicht nach die Kommunikation vor Ort, die manchmal sehr schwierig ist. Man hat etwa in den Diskussionen um das Weltkulturerbe in Österreich gesehen, daß es oft unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Denkmalschutz und der Bevölkerung vor Ort gibt. Daran kann man, glaube ich, noch arbeiten.

Etwas Interessantes noch ganz zum Schluß: Kollege Morak hat einen Zusammenhang zwischen den Kirchenaustritten und den notwendigen Investitionen bei Kirchen hergestellt. Das habe ich sehr interessant gefunden. Entweder lautet also der zukünftige Slogan der Kirche "Tretet nicht aus, sonst verfallen unsere Kirchen!", oder es kommt vielleicht Bischof Krenn, der in Zusammenhang mit den Austritten oft genannt wird, jetzt beim Denkmalschutz eine besondere Verantwortung zu. Vielleicht können wir das irgendwann einmal noch in einem Gespräch klären. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09


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