Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 176. Sitzung / 212

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben am Anlaßfall des "Standard" gesehen, wie untauglich und wie ungerecht dieses Prinzip der Presseförderung ist. Was für eine Presseförderung ist das, frage ich Sie, wenn die Anzeigenleiter möglicherweise gegen Ende des Jahres Anzeigenaufträge zur Einschaltung nicht mehr annehmen, weil sie unter Umständen Gefahr laufen, daß sie die Presseförderung verlieren? Daran wird auch diese Mehrjährigkeit, die hier beschlossen werden soll, nichts ändern! Ich frage Sie wirklich: Was ist das für eine Gerechtigkeit gegenüber anderen sogenannten Qualitätszeitungen? Ich frage Sie, wo die Gerechtigkeit der besonderen Presseförderung bleibt, wenn das eine oder andere Medium hier in Wien 25 oder 30 Millionen bekommt, wobei ich von den Parteizeitungen, von der "Neuen Zeit" von der linken Reichshälfte und vom "Volksblatt" von der rechten Seite gar nicht rede.

Aber ich frage Sie: Was ist das für eine Wettbewerbsgleichheit? Wie kommen die "Oberösterreichischen Nachrichten" etwa dazu, daß sie mit Blättern, mit sogenannten Qualitätszeitungen, konkurrieren müssen, die 30 Millionen Schilling im Jahr bekommen? Wie kommen die "Salzburger Nachrichten", die auch eine gesamtösterreichische Ausgabe haben und aus dem Titel der besonderen Presseförderung nichts bekommen, dazu, daß sie mit Zeitungen konkurrieren müssen, die in ihrer Bilanz 25 bis 30 Millionen Schilling als Einnahme jährlich eintragen können? Das kann doch nicht der Weisheit letzter Schluß sein! Und um diese Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen, hat die Freiheitliche Partei den Antrag gestellt, diese besondere Presseförderung abzuschaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es Ihnen abseits der Parteienfinanzierung – "Neue Zeit", "Volksblatt" – wirklich ernst ist um eine Förderung der Medien und der Presse, dann schaffen Sie doch ein medienfreundliches Klima! Dann schaffen Sie die Ankündigungs- und Anzeigenabgabe ab! 10 Prozent: Das ist ein österreichisches Unikum in Europa!

Oder aber Sie ermöglichen den Firmen, die Pflichtveröffentlichungen im Amtsblatt zur "Wiener Zeitung" zu schalten haben, diese Pflichtveröffentlichungen in sogenannten Qualitätszeitungen zu schalten. Das Amtsblatt zur "Wiener Zeitung" beziehungsweise die "Wiener Zeitung" erscheint praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Man könnte beispielsweise eine Ausschreibung machen, bei der sich einige Tageszeitungen bewerben könnten. Das würde auch die Einnahmensituation erheblich verbessern!

Ich könnte mir noch etwas vorstellen: Die Hauszustellung ist für die Medien etwas ganz Wichtiges. So haben beispielsweise die "Oberösterreichischen Nachrichten" einen Abonnementanteil von 90 Prozent. Gerade für den sogenannten Qualitätsbereich könnte ich mir vorstellen, daß der Staat im Wege der Telekom eine Unterstützung für alle Zeitungen bietet. Dadurch würde keine Wettbewerbsverzerrung entstehen und die Hauszustellung auch wirklich funktionieren, und zwar auch zu Preisen, die erwirtschaftbar und vertretbar sind. Denn sonst kommt es zu der Situation, daß etwa der "Standard" die Mediaprint klagen muß – wobei er allerdings verliert –, damit er in den Hauszustellungsdienst mit einbezogen wird.

Also gleichmäßige Förderungsmaßnahmen wären hier gefragt, aber die jetzige Presseförderung geht in eine ganz andere Richtung.

Und dann gibt es noch die ganz besondere Presseförderung, die ich zuerst schon angesprochen habe. Hiebei handelt es sich um eine politische Wettbewerbsverzerrung. Die ganz besondere Presseförderung besteht nämlich darin, daß die Bundesregierung durch ihre Ressorts unnotwendigerweise in verschiedensten Tageszeitungen und Wochenzeitungen massivste Einschaltungen macht, ganze Broschüren herausgibt – etwa das Landwirtschaftsministerium in der Zeitgeistzeitschrift "NEWS" – und sich dadurch indirekt natürlich auch eine positive Berichterstattung erkauft. Ich sage das ganz deutlich!

Ich höre jetzt schon die Worte, ich kann es schon vorwegnehmen, daß man fragen wird: Was halten Sie von der Unabhängigkeit der Journalisten? Das ist eine unglaubliche Unterstellung! – Herr Kollege Cap! Wenn Sie in der Wirtschaft tätig sind und wenn Sie Einblick haben, dann sagen Sie mir: Welche Zeitung schreibt denn gegen ihre wichtigsten Anzeigenkunden? Das ist ja gar nicht zumutbar!


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