Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 78

Der Herr Bundeskanzler hat sich heute schwarz auf weiß nachweisen lassen müssen, daß keine einzige Forderung dieses Frauen-Volksbegehrens erfüllt worden ist, obwohl er sich dafür eingesetzt hat, es Punkt für Punkt umzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen uns daran gewöhnen, daß der Bundeskanzler Versprechungen macht, die, kaum daß sie ausgesprochen wurden, auch schon wieder gebrochen werden. Beispielsweise hat er gesagt, es wird kein Lehrling ohne Lehrlingsausbildungsplatz bleiben. Das war vor ungefähr einem Jahr. Tatsache ist, daß heute 14 000 Lehrlinge ohne Arbeitsplatz sind!

3 Milliarden Schilling werden lockergemacht – so hat es geheißen –, um alle Lehrlinge zu beschäftigen. Aber der Herr Bundeskanzler hat trotz seiner Garantien, die er abgegeben hat, nicht dafür Sorge getragen, daß alle Lehrlinge einen Lehrlingsplatz bekommen. Versprochen – nicht gehalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler Klima hat weiters nach dem tragischen Selbstmord des Herrn Praschak ein Fünf-Punkte-Programm zur Abschaffung des Parteiproporzes versprochen. (Abg. Dr. Mertel: Das ist ein gutes Thema!) – Passen Sie doch auf, Frau Mertel! (Abg. Dr. Mertel: Da reden wir jetzt über Haider in Kärnten!) Ein entsetzliches Feilschen hat in den vergangenen Wochen um die Besetzung der Botschafterposten stattgefunden. Das ist es, was wir dem Herrn Bundeskanzler zum Vorwurf machen! Er hat nicht den Parteienproporz abgeschafft, sondern ganz im Gegenteil: Er hat sich massiv an diesem Postenschacher beteiligt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Mertel, Sie sollten einmal die Zeitungen lesen, wenn Sie schon nicht ein solcher Insider in Ihrer Partei sind, damit Sie genauer über diese Postenschacher-Geschichte, die wirklich ungustiös war, informiert sind. (Abg. Dr. Mertel: Alleinherrschaft ...!) Wir sind Zeugen geworden, wie gefeilscht worden ist und welche Gegengeschäfte es gegeben hat, als es um die Wiederaufstellung des EU-Agrarkommissärs Fischler gegangen ist. Da ist zwischen SPÖ und ÖVP gefeilscht, gehandelt und gepokert worden, wie es besser nicht mehr geht! Das ist das wirklich negative Zeichen dieser rot-schwarzen Proporzregierung gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Fünf-Punkte-Programm, das Herr Klima zur Abschaffung des Parteiproporzes versprochen hat, hat er zwar versprochen, aber wieder nicht gehalten. (Abg. Kiermaier: Kelag!) Das Resümee, das die Wähler schon im Vorblick auf die Wahlen ziehen können (Kelag!-Rufe bei der SPÖ), ist, daß ein Bundeskanzler, der immer nur etwas verspricht, aber nichts hält, eigentlich ein untauglicher Bundeskanzler ist; danach sollten sie sich richten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Mertel, ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie mit dem, was der Herr Bundeskanzler heute hier dargestellt hat, zufrieden waren. Es war wirklich blamabel, was der Herr Bundeskanzler hier von sich gegeben hat. Er hat so getan, als ob die SPÖ erst gestern ihre Regierungsarbeit übernommen hätte und erst jetzt darangehen müßte, den verfahrenen Karren wieder auf die richtigen Geleise zu bringen.

Er hat gesagt: Grundsätzlich enthält das Frauen-Volksbegehren einen klaren Auftrag an die Regierung. – Warum hat er diesen klaren Auftrag in den vergangenen Jahren, in dieser Legislaturperiode nicht erfüllt?

Er hat gesagt: Wir sind nicht am Ziel unserer Wünsche. – Warum sind wir nicht am Ziel unserer Wünsche? Der Herr Bundeskanzler hat ja versprochen, daß wir am Ende dieser Legislaturperiode am Ziel unserer Wünsche sein werden.

Er hat weiters gesagt: Wir wissen, daß die Probleme schwierig sind. – Damit hat er sich auf die verhängnisvolle Äußerung des ehemaligen Herrn Bundeskanzlers Sinowatz zurückgezogen, der gesagt hat: "Es ist alles sehr kompliziert."


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