Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 178. Sitzung / 108

wegen besonders bemerkenswert ist, weil es sich bei ihnen um eine Teileinheit der Sicherheitsexekutive handelt, die erhöhte Qualifikationsmerkmale vermuten läßt.

Es wird wieder darüber hinweggegangen. Der rechtsfreie Raum – wie das Herr Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Sika gelegentlich zu nennen pflegt – scheint da allgemein üblich zu sein. Es war auch der rechtsfreie Raum – so wurde das gerechtfertigt –, daß die schweren Menschenrechtsverletzungen, die im Ergebnis zum Tod eines Schubhäftlings geführt haben, auf dem Gebiet der Konsequenzen in politischer Hinsicht letztlich ungeahndet bleiben.

Denn niemand kann mir erzählen, daß im Fall einer Sicherheitsexekutive, deren oberster aller Polizeibeamten, nämlich der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, im Fernsehen verkünden kann: Wenn es im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist, dann besteht ein rechtsfreier Raum!, dann das einzige, was dagegensteht – Fall Omufoma –, nur die Menschenrechtskonvention ist. Wenn ein Minister darauf nicht reagiert, wenn er dazu keine Position hat und von seinem Bundeskanzler außerdem noch gedeckt wird, dann ist das politisch zu untersuchen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Parnigoni: Das ist aber Ihre Meinung!)

Wer nicht begreift, daß das zu untersuchen ist, wer dann wieder hergeht und sagt, es gehe darum, hier die Sicherheitsexekutive schlechtzumachen, die Polizei zu beschimpfen und irgend etwas nicht zu wollen, was Rechtsstaat ist, dem sage ich: Wer den Rechtsstaat will und sich eine effektive Sicherheitsexekutive wünscht, muß sich auch eine solche wünschen, die an den Rechtsstaat gebunden ist. Denn eine entfesselte Exekutive, für die Recht keine Bedeutung hat, für die die Verfahrensnormen gleichgültig sind und für die die Menschenrechtskonvention rechtsfreier Raum ist – Generaldirektor Sika –, eine solche Exekutive wäre ein Problem. Sie ist nur dann ein Problem und nur so lange ein Problem, solange die vorkommenden Fälle nicht aufgegriffen werden und solange von der Ressortspitze herunter genau diese Philosophie politisch gedeckt wird.

Oder glauben Sie, ein einfacher Sicherheitsexekutivebeamter denkt sich das selbst aus, wenn er ganz genau weiß, daß es nicht erlaubt ist, die Menschenrechte zu verletzen oder das Gesetz nicht zu beachten? – Wenn er sich durch seine Befehlskette nach oben nicht gedeckt weiß, dann hütet er sich davor – wenn er schon nicht andere, vielleicht auch menschliche Motive dafür hat –, vor ungezählten Zeugen einen Menschen in seiner Gegenwart und durch seine Behandlung sterben zu lassen.

Daß dieser Umstand nicht politisch relevant sein soll, das muß mir irgend jemand erklären. Ich fürchte, es wird wieder eine Debatte kommen, in der wieder gesagt werden wird: Ja, wer das untersucht wissen will, der ist ein Feind der Verbrechensbekämpfung, der ist ein Freund der organisierten Kriminalität, der ist ein Freund von Schlepperbanden. – Ich sage Ihnen noch einmal: Schlepperunwesen ist ein Verbrechen, organisierte Kriminalität ist ein Gefahrenpotential! Aber ich kann solche Gefahren nur dann in den Griff bekommen, wenn ich selbst den Rechtsstaat, den ich zu schützen vorgebe, nicht verletze. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Nur dann habe ich die moralische Legitimation!

Es ist nun einmal so – das ist tragisch genug –, daß der Falschspieler eine größere Erfolgschance hat, weil er das fünfte As im Ärmel hat. Aber ich will keine Polizei haben, die sich wie ein Falschspieler benimmt! Dann frage ich mich nämlich: Warum halten wir dann die Regeln noch ein, wenn wir es von unserer Polizei nicht erwarten? (Abg. Mag. Kukacka: Machtlos!)

Selbstverständlich ist man dann langsamer als ein trickreicher und auch an kein Gesetz gebun-dener Krimineller, das ist notwendigerweise so. Aber ich muß aufpassen, daß ich mich nicht selbst kriminalisiere, indem ich dasselbe tue wie diejenigen, die ich bekämpfen will. Oder sind Sie zum Beispiel der Meinung, daß deswegen, weil leider immer noch dieses Wort vorkommt, die Todesstrafe gerechtfertigt wäre? (Abg. Dr. Schmidt: Frag das lieber nicht!) Genau das ist eine ähnliche Gabel. Verstehen Sie, was ich meine?

Ich habe keinen Anspruch, das zu tun, was ich den anderen vorwerfe. Ich bin notwendigerweise langsamer. Mag sein, daß das mancher nicht einsieht – vielleicht, weil es auch nicht populär ist,


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