Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 179. Sitzung / 47

Was heißt das meiner Meinung nach, wenn ich sage, es gebe einige Wermutstropfen? – Das heißt – das sei vor allem an die ÖVP und SPÖ gerichtet –: Sie können sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen! – Das schien mir in Ihren Reden ein bißchen durchzuklingen: Ach, wie sind wir doch gut, was haben wir doch alles in diesen Fragen in all den 20 Jahren gemacht! Jetzt haben wir ein Atomverfassungsgesetz, und damit haben wir dem Ganzen die Krönung aufgesetzt! – Das wäre völlig falsch und verfehlt! Sie können sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern es gilt, dieses Gesetz immer wieder nachzujustieren, es gilt, sich genau diese Bereiche in den nächsten Jahren anzuschauen und entsprechende Novellierungen und Adaptierungen an die konkrete Situation durchzuführen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber es gibt noch eines, was ich Ihnen auf den Weg mitgeben möchte, auch für die nächste Legislaturperiode: Es kann nicht genug damit sein, daß Herr Klubobmann Kostelka meint: Wir haben einen einzigartigen Weg beschritten, wir haben eine atomfreie Zone in Österreich. – Damit kann es nicht genug sein, und damit kann man sich nicht begnügen, denn es geht nicht nur und ausschließlich um eine atomwaffenfreie und atomfreie Zone in Österreich, sondern es geht vor allem auch um eine atomfreie Zone in Europa, und das in Schritten, von denen ich schätze, daß die atomwaffenfreie Zone die realistischere und in absehbarer, kürzerer Zeit realisierbare ist als die atomkraftwerksfreie Zone in Europa. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Wenn wir diese Einschätzung teilen, dann gilt es meiner Meinung nach, alle Bemühungen in diese Richtung zu setzen, denn es gibt in Europa eine Reihe von Ländern, eine große Anzahl von Ländern, die zwar keine Atomwaffen, aber sehr wohl Atomkraftwerke haben. Wenn wir Schritt für Schritt in diese Richtung setzen und uns vornehmen, daß wir zunächst eine atomwaffenfreie Zone als Ziel anpeilen und damit im Zusammenhang zu einer atomfreien Zone kommen wollen, dann ist das, ausgehend von diesem nationalen Konsens in Österreich, der richtige Weg und die richtige Bemühung. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich zum Schluß noch folgendes sagen: Ich habe diese Frage der atomfreien Zone und des Atomverfassungsgesetzes nicht im engeren Sinn nur als eine Frage der Verfassung Österreichs gesehen, auch nicht nur als eine Frage der Umweltpolitik, ich habe sie vor allem auch als eine Frage der Außenpolitik und als eine Frage der internationalen Beziehungen gesehen, als eine Frage, wie sehr sich Österreich auf internationaler Ebene, in internationalen Gremien in Fragen der Außenpolitik positioniert und einbringt.

Dazu noch einmal ein Appell an die Abgeordneten in zweierlei Richtungen: erstens ein Appell in die Richtung, von diesem Weg nicht abzugehen. Herr Abgeordneter Kollege Khol! Sie unterstützen das zwar einerseits in Ihren Worten durchaus, aber gleichzeitig lassen Sie in der Erläuterung zur Entstehung, wie es dazu gekommen ist, ein bißchen durchklingen, daß Sie der atomaren Abschreckungsdoktrin der NATO eigentlich schon etwas abgewinnen können, weil diese doch immerhin damals verhindert hat, daß die russischen Atomwaffen stationiert werden konnten. Das mag vielleicht für damals gerechtfertigt gewesen sein, aber es kann nicht für heute und es kann nicht für die Zukunft gerechtfertigt sein. (Abg. Dr. Khol: Richtig! Deswegen habe ich gesagt, daß Atomwaffen niemand mehr einsetzen darf!) Daher gilt es, alle Bemühungen in dieser Richtung zu setzen, und zwar auf allen Ebenen.

Für mich ist das eine interessante Frage der Außenpolitik auch deshalb, weil das eines der wenigen Gebiete ist, auf dem Abgeordnete sich in Fragen der Außenpolitik einbringen können, auf dem Abgeordnete durchaus gestaltend, bestimmend und mitbestimmend wirken können.

Ich freue mich – ich möchte das nicht verhehlen – darüber, daß es im Herbst einen Beschluß der Vereinten Nationen über eine umfassende Agenda für eine atomwaffenfreie Welt gegeben hat, in der ein ganz klares Aufgabenpaket formuliert ist. Österreich hat damals für diese Agenda gestimmt. Ich habe damals Zweifel daran gehabt – und dies in meinen Äußerungen gegenüber den Medien auch durchklingen lassen –, daß wir es schaffen werden, von dieser internationalen Beteiligung, von diesem internationalen Engagement ausgehend auch tatsächlich zu einem Atomverfassungsgesetz zu kommen.


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