Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 179. Sitzung / 100

Ich möchte aber auch nicht verhehlen, daß es meiner Überzeugung nach ein unbestreitbarer Mangel ist, daß etwa die derzeitige Bundesregierung auch dann, wenn neue Bundesamtsgebäude errichtet werden, nicht immer behindertenfreundlich agiert. In meiner eigenen Gemeinde etwa, in Spittal an der Drau, steht gerade ein Neubau des Bezirksgerichtes zur Diskussion. Den Altbau jedoch behindertengerecht zu adaptieren, in dem weiterhin die Gendarmerie, die Grundbuchabteilung und das Finanzamt untergebracht werden sollen, ist jedoch in keinster Weise geplant!

Diesbezüglich darf ich darauf hinweisen, daß immerhin die Gewerkschaft Bau/Holz seit dem Jahre 1997 fordert, Altbausanierungen in Österreich forciert zu betreiben, weil diese arbeitsintensiver sind und dadurch mehr Menschen Beschäftigung erhalten könnten. Diese und die nächste Bundesregierung könnten meiner Ansicht nach gerade in diesem Bereich, nämlich in der Adaptierung von Amtsgebäuden, um diese behindertengerecht auszugestalten – von den Schulen über die Universitäten bis hin zu Gerichts- und Finanzgebäuden sowie sonstigen Gebäuden in ihrem Besitz –, einiges leisten und damit nicht nur den Behinderten einen gerechten Anteil am Leben in unserer Gesellschaft ermöglichen, sondern auch noch wichtige Arbeitsplätze schaffen.

Ich meine, wir haben damit einen Startpunkt gesetzt, am Ende werden wir mit der Gleichstellung der Behinderten aber nicht so bald sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haidlmayr. 12 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.38

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich Herrn Präsidenten Fischer recht herzlich danke sagen dafür, daß er meiner Bitte nachgekommen ist, daß diese heutige Debatte von GebärdensprachdolmetscherInnen begleitet wird und daß es doch ab und zu möglich gemacht wird, daß alle Menschen die Chance haben, der Diskussion hier in diesem Hause zu folgen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ und ÖVP.)

Die erste Diskriminierung fängt nämlich schon bei der Tatsache an, daß etwa gehörlose Menschen nach wie vor von jeder Kommunikation ausgeschlossen sind. Schwer hörbehinderte und gehörlose Menschen haben sonst keine Chance, eine Parlamentsdebatte mitzuverfolgen, weil es anscheinend noch immer nicht möglich ist, den Zugang zu diesen Informationen auch für Gehörlose sicherzustellen. Ich wünsche mir – und ich werde das auch in der nächsten Legislaturperiode intensiv vorantreiben –, daß es selbstverständlich wird, daß, beispielgebend für den ORF und für andere Institutionen, auch gehörlose Menschen die Möglichkeit haben, die Debattenbeiträge und das Arbeiten im Parlament mitverfolgen zu können.

Frau Rauch-Kallat! Frau Silhavy! Frau Pablé! Sie haben den Arbeitsbericht zur Durchforstung diskriminierender Bestimmungen bereits angesprochen. Dieser Bericht ist – keine Frage! – zweifellos ein Aufzeigen einiger diskriminierender Bestimmungen, aber bei weitem nicht aller! Jene, die regelmäßig diese Arbeitsgruppe besucht haben – und zu denen gehöre ich –, konnten mitverfolgen, daß sich nicht alle Ministerien wirklich intensiv damit auseinandergesetzt haben, ihre Bestimmungen zu durchforsten.

Es sind noch einige Ministerien säumig, und als Beispiel möchte ich nur das Unterrichtsministerium erwähnen, das in seinen Gesetzen so gut wie keine diskriminierenden Bestimmungen finden konnte – weil es sich nämlich auch gar nicht darum bemüht hat!

Ich kann mich noch daran erinnern – es ist jetzt genau zwei Jahre her –, als am 9. Juli 1997 hier im Hohen Hause die Nichtdiskriminierungsbestimmung in die österreichischen Bundesverfassung aufgenommen wurde. Alle Behindertensprecherinnen und Behindertensprecher haben damals gesagt: Und jetzt geht es darum, daß man diese Verfassungsbestimmung mit Inhalten füllt, und zwar in der Form, daß es keine Diskriminierungen mehr geben darf! – Zwei Jahre später müssen wir behinderten Menschen noch immer um jede kleine Änderung kämpfen.


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