Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 179. Sitzung / 173

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz Professor Korinek zitieren. Ich lese hier aus einer APA-Aussendung vor; Korinek im Original: Kennen Sie das österreichische Bundesverfassungsrecht? – Die Frage stellen heißt sie verneinen. Mit der umfassenden Textsammlung kann man jetzt lesen, worauf man seinen Eid ablegt, wenn man in hohen Staatsfunktionen angelobt wird. Das ist Karl Korineks Meinung.

Was Professor Korinek, glaube ich, damit sagen möchte, ist, daß wir, wenn wir hier den Eid auf unsere Gesetze und auf unsere Verfassung ablegen und den berühmten Satz "Ich gelobe!" aussprechen, in Wirklichkeit nicht wissen, worauf wir unser Gelübde ablegen.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne komme ich wieder zu meinem Lieblingsthema, der Gesetzesflut. Wenn Frau Kollegin Karlsson an dieses Haus appelliert, bessere und verständlichere Gesetze zu produzieren, dann kann ich das voll und ganz unterstreichen, Frau Kollegin. Aber lassen Sie mich noch hinzufügen: auch weniger Gesetze!

In diesem Sinn wird die ÖVP dem Bundesrechtsbereinigungsgesetz gerne ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Wie viele Gesetze haben Sie abgelehnt in diesen vier Jahren, weil sie unverständlich waren?)

19.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.28

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich darf gleich daran anschließen, was meine Vorrednerin gesagt hat – ich werde mir dann übrigens erlauben, ihr die Brille, die sie hier vergessen hat, als Zeichen einer Geste zu bringen. Aber eines, Frau Kollegin Frieser, verstehe ich nicht: Sie beklagen hier alljährlich den Wildwuchs in der Verfassung, Sie beklagen die Vielzahl der Gesetze, sind aber bei jedem Gesetz mit dabei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß mich schon fragen: Sie beklagen mit Recht – was auch Professor Korinek gesagt hat –, daß sich kein Mensch, nicht einmal Verfassungsrichter, mehr auskennt, was jetzt im Verfassungsrang ist. Denn in vielen Gesetzen werden Bestimmungen in den Verfassungsrang gehoben, um sie unanfechtbar zu machen. Aber, Frau Kollegin, Sie stimmen ja jedem dieser Gesetze zu, Sie stimmen jedem dieser Verfassungsgesetze zu. Das ist meiner Meinung nach – nicht böse sein! – ein Akt der Wählertäuschung, seine politische Legitimation aus dem Mandat daraus abzuleiten, daß man gegen den Wildwuchs der Gesetze ist, daß man gegen den Wildwuchs der Verfassungsgesetze ist, aber dann schön brav das Handerl hebt und immer mitstimmt. Also da stimmt etwas in Ihrer Argumentation nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Frieser: Ich kann mich nicht erinnern, daß Sie einmal gesagt hätten, das brauchen wir nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz ist ein sehr wichtiger Schritt in Richtung einer Vereinfachung. Als Rechtsanwender prophezeie ich, daß diese Bestimmung eine sehr wichtige sein wird, denn man weiß als Rechtsanwender, wie viele Gesetze und Verordnungen und sogar Hofdekrete noch in Kraft sind, die in der Praxis von Relevanz sind. Das erste, was man hier prüfen wird, wenn man es mit einem alten Gesetz zu tun hat, ist, daß man in diese Regierungsvorlage, in dieses dann zu erlassende Bundesgesetzblatt einen Blick hineinwirft, ob es noch in Kraft ist oder nicht.

Einen ganz kleinen Kritikpunkt darf ich anbringen: Es wäre schön gewesen, wenn man hier noch einen Anhang gemacht hätte, in dem aufgelistet ist, welche Bestimmungen insbesondere außer Kraft treten. – Natürlich nicht alle, das ist keine Frage. Aber damit hätten sich die Menschen, die Tausende Stunden dafür verwendet haben, sich in diese Materie zu vertiefen – und ihnen gebührt unser Dank –, sicher noch besser in der Öffentlichkeit verkaufen können, wenn man gewußt hätte, welche Bestimmungen außer Kraft treten beziehungsweise insbesondere außer Kraft treten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.30


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