Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 67

Daß derzeit eine gesetzliche Änderung nicht möglich war, ist bedauerlich, aber es ist Tatsache. Ich stimme damit überein, daß die Zahl der Tierversuche so gering wie möglich zu halten ist, Qualen verhindert werden müssen. Die Priorität hat für uns Sozialdemokraten immer der Mensch. Daher stimmen wir dieser Regierungsvorlage gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

12.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Motter. – Bitte.

12.30

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist Mittagszeit, also eine ruhige Zeit, wenigstens sind jene, die anwesend sind, ruhig, sodaß ich reden kann und es mir nicht so ergeht wie meiner Vorgängerin im Wissenschaftsausschuß. (Abg. Scheibner: Wir hören alle zu!) – Danke.

Ich möchte auch gleich an Ihre Adresse, Herr Kollege Scheibner, sagen, daß wir all Ihren Anträgen, also sowohl Entschließungsanträgen als auch Abänderungsanträgen, wie bereits im Ausschuß zustimmen werden, weil sie unseren Intentionen entsprechen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Richtlinie 93/35/EWG, meine Damen und Herren, auf die in dieser Gesetzesvorlage Bezug genommen wird, sieht ein absolutes Verbot von Tierversuchen für Kosmetika vor, sobald dies wissenschaftlich möglich ist. Allerdings, Herr Minister, sehe ich bereits wieder einen Widerspruch oder zumindest eine Unklarheit, da die Änderung im vorliegenden Tierversuchsgesetz in § 3 Abs. 5 die Möglichkeit einer Ausnahmeverordnung vorsieht, wenn dies zur Abwehr von Gesundheitsgefährdungen oder für den Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit erforderlich ist.

Laut Richtlinie 93/35/EWG ist dies jedoch nicht erforderlich. Warum ist also diese Regelung im Gesetz? – Ich würde es noch verstehen, wenn es sich um Medikamente handeln würde, aber für Kosmetika ist, so glaube ich, dem Kunden eine Eigenverantwortlichkeit und auch ein Risiko durchaus zuzumuten.

Ein weiterer Kritikpunkt ist meiner Ansicht nach folgender: Schon im Tierversuchsgesetz 1988 fehlt eine Verordnung über die Haftungserfordernisse von Versuchstieren. Das heißt, seit über zehn Jahren ist man da säumig. Herr Minister! Ich weiß schon, daß Sie mir auch heute wieder keine Antwort auf meine Fragen geben werden, frage Sie aber trotzdem: Warum wurde dies wieder nicht im neuen Gesetz berücksichtigt, zumal auch in der EU-Richtlinie Leitlinien für die Unterbringung und Pflege von Tieren vorgesehen sind?

In Österreich, meine Damen und Herren, können bis dato und auch in Zukunft die Tiere willkürlich gehalten werden, und dies widerspricht klar einer halbwegs artgerechten Tierhaltung. Auch Versuchstiere, meine Damen und Herren, haben einen Anspruch auf artgerechte Haltung.

In einem weiteren Punkt fehlt die Anpassung an die EU-Richtlinie, denn diese verpflichtet die Staaten zur wechselseitigen und vorbehaltlosen Anerkennung von Versuchsergebnissen. Das ist durchaus zu begrüßen, denn dadurch können zweifelsohne eine beträchtliche Vielzahl von Tierversuchen hintangehalten werden. Diese Änderungen werden wohl Verbesserungen in der statistischen Erhebung bringen, allerdings sieht aber auch Österreich im neuen Gesetz de facto gemäß § 3 Abs. 3 lit. a und d immer noch einen Anerkennungsvorbehalt vor, in dem auf die rechtliche und faktische Zugänglichkeit dieser Ergebnisse abgestellt wird. Ich bin der Auffassung, Herr Bundesminister, das dies richtlinienwidrig ist. Ich weiß, ich bekomme auch darauf keine Antwort von Ihnen, aber trotzdem möchte ich es noch einmal in den Raum stellen.

Weiters bin ich der Auffassung, daß die ethische Beurteilung von Tierversuchen nicht dem durchführenden Experimentator überlassen, sondern eher von einer Sachverständigen-Kommission überprüft werden sollte. Auch sieht die EU-Richtlinie, die ausschlaggebend für dieses neue Gesetz ist, vor, daß bei der Auswahl der Tierart für bestimmte Versuchsvorhaben auf den Grad der sinnespsychologischen Entwicklung abgestellt wird. Das heißt, Tiere, die am wenigsten entwickelt sind oder bei denen die geringsten Schmerzen, Leiden, Ängste oder


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite