Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 69

auf Zimmer 6. Damit charakterisiert man eigentlich den Menschen anhand seines Organs – und nicht anhand seiner ganzen Persönlichkeit.

In der damaligen Zeit hat man mit der Mißachtung des Geschöpfes Tier auch die Seele des Menschen weggeworfen. Um des vermeintlichen Fortschrittes willen hat man die Ehrfurcht vor dem Schöpfer und dem Geschöpf Tier und Mensch verloren. Eine kritische ethische Beurteilung muß sich da die Wissenschaft gefallen lassen. Heute weiß man, daß Tierexperimente nicht immer oder sogar sehr selten auf den Menschen übertragbar sind. Laut UNO-Bericht vom Jahre 1995 mußten 8 500 tierversuchserprobte Medikamente vom Markt zurückgezogen werden. Die Nebenwirkungen wurden erst beim Menschen erkannt. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf die Verabreichung von Contergan verweisen.

Weltweit müssen jährlich geschätzte 210 Millionen Tiere aufgrund von Tierversuchen sterben. Das Tierversuchsgesetz hat die ausschließliche Zielsetzung, die Zahl der Tierversuche zu reduzieren und Ersatzmethoden zu fördern. Tatsächlich konnte seit 1988 die Zahl der Tierversuche in Österreich deutlich reduziert werden. Waren es im Jahre 1991 noch 482 000, so reduzierte sich diese Zahl auf 168 000 im Jahre 1997. Aber das ist immer noch zuviel!

Das Ergebnis eines Tierversuchs gilt generell nur für das Tier, nur für dieses Versuchstier und das getestete Präparat am Tier! Alle daraus für den Menschen abgeleiteten Rückschlüsse sind nur Interpretationen, Hypothesen und Vermutungen. In diesem Licht ist ernstlich die Frage zu stellen, ob diese Versuche zulässig und ethisch verträglich sind.

Täuschen Sie nicht eine falsche Sicherheit für den Menschen vor? Hat der Mensch das Recht, zur Erforschung seiner Krankheiten und zur Entwicklung von Heilmitteln einen ungeheuer großen Berg von gequälten, mißhandelten und getöteten Tieren anzuhäufen? – Das ist eine Frage, die wir uns stellen müssen.

Zunehmend werden in fast allen Bereichen der medizinischen Studien In-Vitro-Methoden angewendet, Versuche im Reagenzglas durchgeführt. Es geht um Untersuchungen mit schmerzfreien Materien: Mikroorganismen, Gewebsproben, Zellmaterial in Nährlösungen. So wird etwa mit isolierten, aber lebensfähigen Herzzellen nach kardiologischen Medikamenten gesucht. Leberzellen von Menschen und Tieren erlauben präzise Aussagen über den Abbau von Medikamenten, Chemikalien und so weiter. Geeignete In-Vitro-Verfahren sind aussagekräftiger, repräsentativer, reproduzierbarer, billiger und rascher durchzuführen, vor allem aber ethisch vertretbar.

Wie es bei chirurgischen Eingriffen ist, weiß ich eigentlich nicht genau, ich weiß nicht, ob in diesem Bereich nicht doch noch Tierversuche notwendig sind. Ich könnte mir aber vorstellen, daß man durch Computersimulationen einiges an Versuchen ersetzen kann. Aber gerade bei kosmetischen Mitteln sind Tierversuche sicherlich nicht angezeigt, und das wird heute mit dieser Gesetzesnovelle geregelt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.43

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich war jetzt sehr angenehm und positiv überrascht über den Debattenbeitrag des Abgeordneten Leiner, und ich hoffe, daß es in der nächsten Gesetzgebungsperiode eine Möglichkeit gibt, auf derartigen Überlegungen aufbauend doch einen größeren Schritt zur Verbesserung des Status quo in Richtung Abschaffung von Tierversuchen zu machen. Und ich erlaube mir auch, anzumerken, daß diese Wortmeldung ungleich kritischer als diejenige von Frau Dr. Pittermann war.

Frau Dr. Pittermann hat ebenso wie Herr Dr. Leiner die Grundsatzfrage angesprochen, und zwar die Frage der Notwendigkeit von Tierversuchen. In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig, hervorzuheben, daß ich für die stufenweise Abschaffung aller Tierversuche bin. Ich sehe das


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite