Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 99

ausverhandelt worden ist. Dieses Gesetz geht auf eine Initiative des jetzigen Bundeskanzlers zurück. Der damalige Verkehrsminister Klima hat eine Studie bei Herrn Professor Schönbäck in Auftrag gegeben, um eine Reform des öffentlichen Nahverkehrs in seiner Finanzierung und in seiner Struktur voranzutreiben.

Schönbäck lieferte eine gute Studie, was jetzt allerdings hier vorliegt, ist eine Reihe von Abstrichen und ist praktisch ein Minimalkonsens. Ich möchte das auf den Punkt bringen und sagen: Sie sind als Tiger weggesprungen und mehr oder weniger als Bettvorleger gelandet. Das ist leider Faktum, wenn man den Werdegang dieses Gesetzes betrachtet. (Abg. Edler: Wo bleibt der Tierschutz?) Mit "Sie" sind nicht Sie persönlich gemeint, sondern die Verkehrsminister in der Reihenfolge Klima, Scholten, Einem. Die Tiger waren am Werk, und als Felle sind sie auf dem Boden gelandet. (Beifall bei den Grünen.)

Die Felle dürfen nicht wegschwimmen, sondern sollen möglichst als Schäfchen ins trockene gebracht werden. Darum jetzt konkret zu den einzelnen Bereichen.

Ich möchte sagen, endlich ist das Gesetz hier im Hause, aber es ist schade, daß es so ausgefallen ist. Herr Kollege, Sie haben ganz richtig gesagt: Es ist die Basis, es ist der Ausgangsbereich, es ist der erste Schritt, es ist die Grundlage. Mehr ist es nicht, denn es hat nämlich viele Fehler. Ich setze höher an, weil ich all das unterstütze, was Sie angeführt haben, alles, was in Richtung Attraktivierung, in Richtung Marktöffnung, in Richtung Gewinn für den Fahrgast geht. Wir brauchen das, auch aus umweltpolitischen Gründen. Wir brauchen diese Attraktivierung und die Expansion aber vor allem auch aus verkehrspolitischen Gründen. Das brauche ich ja hier nicht näher auszuführen, ich glaube, das ist auch hier soweit Common sense. (Abg. Parnigoni: Dann stimmen Sie dem ersten Schritt zu! Das ist eine gute Gelegenheit!)

Aber die Mittel, die uns dieses Gesetz in die Hand gibt, um diese Ziele zu erreichen, sind wirklich spärlich, wirklich kümmerlich. Ich habe im Ausschuß schon gesagt, das größte Problem ist, daß diese Gesetzesvorlage nicht EU-Recht-kompatibel ist. Wir machen die Unternehmen nicht wettbewerbsfit, und der Wettbewerb wird kommen. Das Problem ist, daß die Ministerialbeamten das schon längst erkannt haben, aber unter dem Zwang der Umstände – der Herr Minister pflegt das mit den Worten "unter den waltenden Interessen" auszudrücken – nicht völlig sachgerecht vorgehen können, sondern immer den Kompromißweg beschreiten müssen. Und dieser Kompromißweg hat eben viele Fallstricke.

Der erste Fallstrick ist, daß das Gesetz nicht EU-Recht-kompatibel ist. Der zweite Fallstrick: Die Qualitätskriterien, die Sie sehr wohl herausgestrichen haben, sind unserer Ansicht nach auch nicht vollständig, weil es sozusagen nur einen Hinweis darauf gibt, daß man Behinderte berücksichtigen soll.

Wie das im Wettbewerb unter dem Kostendruck der Gemeinden ausschauen soll, bitte, das fragen Sie nicht mich, das fragen Sie vor allem die Behinderten, denn diese haben es auszubaden. Meine Kollegin Haidlmayr wird noch näher darauf eingehen. Das ist der zweite Kritikpunkt. (Abg. Parnigoni: Die werden sich alle sehr anstrengen! Alle Unternehmen werden sich sehr anstrengen!)

Der dritte Kritikpunkt bezieht sich auf die Strukturierung insgesamt. Unseres Erachtens ist die Umstrukturierung zuwenig massiv und zuwenig deutlich. Die Parallelverkehrsregelung ist bitte klagsreif! Sie wird nicht greifen.

Weiters besteht das Problem hinsichtlich der Finanzierung. Das ist der vierte Kritikpunkt. Es gibt zwar eine neue Quelle, die Verkehrsanschlußabgabe für die Gemeinden, aber Sie wissen haargenau – Herr Kollege Kukacka, Sie wissen es ja auch –: Welche Gemeinde traut sich denn schon einem Supermarkt, einem Betrieb eine Verkehrsanschlußabgabe aufzuerlegen, gerade auch im Hinblick darauf, daß die Nachbargemeinde das nicht tut? Und wo siedelt man sich an? Natürlich dort, wo man nichts zahlt. Und damit ist das Ganze eine Augenauswischerei, es steht halt nett im Gesetz drinnen. (Abg. Parnigoni: Wenn es die Gemeinde als Förderung zahlt, ist es


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite