Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 114

gesagt: Das brauchen wir alles nicht – und dies, obwohl es keineswegs so ist, daß alle Heime in Wien einen Superstandard hätten. Ganz im Gegenteil: Im "Geriatriezentrum Wienerwald" – so heißt es jetzt, früher hat es "Pflegeheim Lainz" geheißen – hat man offenbar geglaubt, mit einer Namensänderung auch die Qualität verbessern zu können. Es heißt zwar jetzt "Geriatriezentrum Wienerwald", aber es gibt dort nach wie vor Achtbettzimmer, sehr geehrte Frau Ministerin!

Ich selbst habe in einem Heim eine sehr traurige Erfahrung gemacht, und zwar folgende: Im Eingangsbereich dieses Altenheimes waren Sessel aufgestellt. Es ist üblich, daß dort die alten Leute sitzen. Da sie nichts anderes zu tun haben, schauen sie immer auf die Eingangstüre – Stunde für Stunde, Tag für Tag. Ich habe einmal auf jemanden gewartet und habe mich auf einen dieser Sessel gesetzt. Wissen Sie, was mir passiert ist? – Ich bin auf dem Rahmen gesessen, weil die Polsterung nicht mehr existiert hat – die war bereits durchgesessen! Es war nur noch ein Stück Kunststoff darübergespannt, ganz locker, und die alten Leute sind, ähnlich wie auf einer Klobrille, auf dem Sesselrahmen gesessen! Das ist nur ein kleines Beispiel dafür – das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte –, wie traurig es sein kann, wenn ein alter Mensch hilflos dem ausgeliefert ist, was ihm geboten wird.

Oder: Es gibt alte Menschen, die in einem Heim untergebracht sind und jahrelang nicht ins Freie kommen, die jahrelang immer nur in einem Achtbettzimmer oder Vierbettzimmer – das ist eigentlich schon egal – sitzen und überhaupt nie mehr wieder auch nur annähernd am Leben teilnehmen, nicht einmal ein bißchen frische Luft schnappen können.

Oder: Mir hat ein Kollege über einen Angehörigen in einem Altenheim erzählt. Dort funktioniert es manchmal nicht mit dem Personal – ich gebe schon zu, daß das Personal wirklich sehr viel leisten muß. Im betreffenden Heim passiert es immer wieder, daß dem alten Menschen der Teller mit dem Essen einfach nur hingestellt wird. Weil das Personal nicht genügend Geduld oder nicht genügend Zeit hat, füttert es den alten Menschen aber nicht! So hat dieser nur die Aussicht, entweder zu verhungern oder auf das nächste Essen am Abend und auf eine freundlichere Schwester zu warten, die ihm dann das Essen in den Mund steckt. Das alles passiert!

Ich habe bereits erwähnt, daß ich zugebe, daß das Personal enorm gefordert wird. Es ist aber unsere Pflicht, darauf zu achten, daß alles unternommen wird, damit es nicht zu solchen Mißständen kommt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen meinen, daß mit ganz strengen Qualitätsvorschriften, mit der Einführung ganz strenger Qualitätsstandards solche Mißstände, wie es sie immer noch gibt, vermieden werden könnten. Ich gebe schon zu, daß in baulicher Hinsicht sehr viel geschehen ist. Ich glaube aber, jetzt müßte das Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, das geeignete Personal aufzutreiben, es gut zu bezahlen und auch so zu stimulieren und sensibilisieren, daß es auch wirklich das maximal Mögliche für die alten Menschen tut. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht nur alte Menschen sind immer noch Opfer von schlecht geführten Pflegeheimen, sondern auch behinderte Menschen – und das sind oft junge Menschen. Zudem wissen wir, daß Sie von den Koalitionsparteien in wirklich verantwortungsloser Weise diese Menschen im Zuge Ihres Sparpaketes auf ein Taschengeld von 500 S gesetzt haben – das möchte ich Ihnen bei dieser Gelegenheit auch noch einmal vorhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, Frau Ministerin, in diesem Bereich wäre es ebenfalls dringend notwendig, daß Sie unserer Forderung nach Qualitätsrichtlinien nachkommen. Gerade in den Behinderteneinrichtungen gibt es Dinge, die man heutzutage nicht mehr für möglich halten würde: Es gibt ungeschultes Personal, das nicht einmal weiß, wie ein behinderter Mensch, beispielsweise ein Autist, zu behandeln ist. Es gibt eklatante Raumnot, insbesondere auch in den privaten Heimen. Ich bin dafür, daß es private Heime gibt, aber diese stehen selbstverständlich unter einem doppelten Kostendruck. Da muß es noch mehr Vorgaben geben.

Es gibt also genügend Gründe, Qualitätsrichtlinien in Österreich einzuführen, die den internationalen Standards entsprechen. Ich meine, Sie sollten die entsprechenden internationalen Normen nicht so ignorieren, Frau Ministerin, wie Sie das in Ihrer Anfragebeantwortung getan haben.


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