Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 194

Wissen Sie, warum ich zu Ihnen rede? (Abg. Dr. Graf: Das ist nicht unser Gesetz gewesen!) Weil ich den Eindruck habe, daß Sozialdemokraten sehr wohl verstanden haben, daß nach 1945 in diesem Bereich viele Fehler gemacht wurden. Ich bin ja ein Abgeordneter in diesem Hause, der auch von Sozialdemokraten für viele Reden in diesem Zusammenhang aufs wüsteste beschimpft worden ist.

Aber ich rede zu Ihnen, weil ich den Eindruck habe, daß Sie heute, an diesem Tag, diesen bescheidenen Ansatz der Rehabilitierung von Menschen, denen Unrecht passiert ist, immer noch etwas entgegenstellen, das unverständlich ist.

Herr Ofner! Wenn ich daran denke, daß Sie Justizminister in dieser Republik waren, dann ist das auch – und das sage ich ganz offen, Herr Jung – ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.) Ich habe es immer sehr problematisch gefunden, daß jene Sozialdemokratische Partei, der mein Vater angehört hat, mit Freiheitlichen zusammengegangen ist, die ein sehr problematisches Selbstverständnis gehabt haben, wie es auch heute hier wieder zum Ausdruck kommt.

Meine Damen und Herren! Herr Ofner und Herr Jung! Es wäre heute Ihre Pflicht, diesen bescheidenen Beitrag zu leisten. Herr Amon! Es wäre heute Ihre Pflicht gewesen, gerade in Anbetracht Ihres Parteigängers Waldheim hier nicht Ihre Pflicht zu erfüllen, indem Sie darüber kein Wort verlieren und schweigen, sondern darüber eine klare Sprache zu finden.

Das gilt auch für Sie, Herr Khol! Vielleicht erzählen Sie uns, wie das Gespräch mit Herrn Keimel verlaufen ist. (Abg. Dr. Graf: Sie werden uns aber nicht sagen, was da unsere Pflicht ist!) Vielleicht erklären Sie uns das, vielleicht können Sie darüber differenziert reden. Ich verstehe schon Herrn Keimel, ich verstehe die Sorge jener Menschen, die Angst haben, daß jetzt plötzlich fünf Jahre, sieben Jahre, zehn Jahre und mehr völlig wertlos waren; nicht nur wertlos, sondern daß sie selbst zum Teil Werkzeug einer verbrecherischen Maschinerie waren.

Das ist schwierig! Das kann niemand! Meine Damen und Herren! Wir alle hier in diesem Haus wissen, wie schwierig es ist, einfache Verfehlungen zuzugeben. Ein paar gefälschte Rechnungen machen schon Bauchweh. Ein paar verfälschte Rechnungen ergeben schon Malversationen. Ein paar verfälschte kleine Dinge führen schon dazu, daß der Koalitionsfriede gefährdet ist. Und wenn es gar um Verbrechen geht, die sich in unserer Geschichte ereignet haben, ist es natürlich unendlich schwierig!

Herr Khol! Tun Sie Ihre Pflicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

21.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner als Kontraredner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.31

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wabl, wir brauchen Ihre Belehrungen hier wirklich nicht! Denn Sie haben es als einziger Abgeordneter der Zweiten Republik geschafft, hier Fahnen herumzuzeigen, die in diesem Haus wirklich nichts verloren haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hier in diesem Hause – und dazu stehen wir – hat nur die rotweißrote Fahne etwas verloren – und nicht die Fahne, mit der Sie versucht haben, Ihre entsprechenden politischen Botschaften rüberzubringen und populistische Aufmerksamkeit zu erzielen, Herr Kollege Wabl, so wie Sie es jetzt wieder machen! Sie stellen sich hierher und sagen: Leider hat es bis zum Jahr 1999 ge-dauert, bis Kollege Wabl und die grüne Fraktion eine Initiative setzen, daß Opfer des Nationalsozialismus rehabilitiert werden. – Herr Kollege Wabl! Das ist ganz einfach nicht wahr! Österreich hat in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel versäumt, wenn es darum gegangen ist, für die Opfer des Nationalsozialismus Genugtuung zu leisten. Aber in diesem Fall war man sehr rasch, im Gegensatz zu Deutschland, wo erst vor wenigen Jahren die Urteile aus der Zeit der nationalsozialistischen Gerichtsbarkeit aufgehoben wurden. Bei uns hat es bereits 1945 die volle Rehabilitierung für all jene gegeben, die gegen den Nationalsozialismus und für ein freies, unab


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