Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 181. Sitzung / 89

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die in Verhandlung stehende Regierungsvorlage ist nicht ganz unproblematisch. Ich möchte nicht so stark argumentieren wie mein Vorvorredner, aber sie ist nicht ganz unproblematisch. Sie ist zum Beispiel rechtspolitisch und demokratiepolitisch problematisch, weil die Diensthoheit auf demokratisch nicht legitimierte Organe übertragen wird.

Es gibt einige derartige Schönheitsfehler, aber im Kern stellt sich heraus, daß es ein Fehler ist, wenn man Ausgliederungen macht und dabei nicht einmal eine Optionsmöglichkeit einbaut in der Form, daß die Mitarbeiter der früheren öffentlich-rechtlich konzipierten Verwaltungseinheit in andere Arbeitsrechtsverhältnisse umsteigen können. Auch die mangelnde Harmonisierung der Arbeits- und Dienstrechte ist ein kritikwürdiger Punkt. Wenn wir im Gesamtkontext Fortschritte erzielen würden, hätten wir auch im Teilproblem, um das es hier geht, weniger starke Diskrepanzen.

Ich möchte aber einen Aspekt besonders betonen und auch in dieser öffentlichen Debatte hervorheben. Es ist seit Bad Aussee üblich geworden und macht auch Sinn, daß in allen Regierungsvorlagen eine Passage aufgenommen wird, die da heißt: "Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich." – Ich darf Ihnen zitieren, was in der Regierungsvorlage, bezogen auf dieses Gesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz und so weiter geändert wird, steht. Darin steht – ich zitiere wörtlich –:

"Die Flexibilisierung der personalwirtschaftlichen Möglichkeiten der ausgegliederten Einrichtungen sollte jedenfalls deren Konkurrenzfähigkeit am heimischen und auch am internationalen Markt stärken und damit positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich haben."

Das hört sich gut an. Das ist das geradezu klassische Element einer Sonntagsrede. Bedauerlicherweise wird die Auswirkung auf die Beschäftigung mit keinem Wort gestreift. Offenbar ist man der Meinung, daß man sich bei einem solch gewichtigen Gesetz zu der Frage, wie sich das tatsächlich numerisch auf die Beschäftigungsverhältnisse auswirkt, denn so war das in Bad Aussee gemeint, einfach herumdrücken kann und sich überhaupt nicht dazu zu äußern braucht.

Ich muß sagen, das ist im politischen Raum sozusagen ein fauler Kompromiß, wenn man nicht sagt, was man glaubt, daß es bewirken wird. Es kann doch wohl nicht gemeint sein, daß sich das überhaupt nicht auf die Beschäftigungspolitik auswirkt – weder negativ noch positiv –, wenn das überhaupt nicht erwähnt wird. Es war mir wichtig, das von dieser Stelle aus hier festzuhalten.

Im übrigen wollen wir hoffen, daß sich die Modernisierung der Strukturen im Bereich dessen, was früher die Post war, auf den Wirtschaftsstandort Österreich günstig auswirkt. Wir wollen das hoffen.

Eines hätten wir allerdings seinerzeit schon nicht machen dürfen: Wir hätten, obwohl wir ein Arbeitsverfassungsgesetz hatten, kein Post-Betriebsverfassungsgesetz machen dürfen. Wir hätten wohl im Arbeitsverfassungsgesetz auf bestimmte Aspekte, die sich durch die Ausgliederung der Post ergeben haben, Bedacht nehmen müssen, hätten aber damals kein Post-Betriebsverfassungsgesetz machen dürfen, sodaß es jetzt mehrere Arbeitsverfassungsgesetze nebeneinander gibt – noch dazu weiß man, daß über 80 bis 90 Prozent der Passagen völlig wortidentisch sind und wir durch das unterschiedliche Novellieren dieser Gesetze jetzt noch mehr gespaltenes Arbeitsrecht schaffen.

Aus diesen guten Gründen wird die liberale Fraktion diese Regierungsvorlage ablehnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.05


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