Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 181. Sitzung / 133

taren festgestellt haben, daß Österreich offensichtlich das am ärgsten von Parteipolitik durchsetzte Land Europas ist. Oder haben alle anderen unrecht, etwa die vom Internationalen Währungsfonds, die harsche Kritik am österreichischen Finanzsektor üben und Staats- und Parteieinfluß in den Kreditinstituten orten? Es gebe stillschweigende Übereinkommen, allein durch die Reichweite der Einflußsphären der politischen Parteien werde illustriert, daß große Teile der Bankenlandschaft in rote und schwarze Institute aufgeteilt sind, kritisiert der Internationale Währungsfonds. Ist das alles nicht wahr? Ist das alles ein Zufall?

Herr Gusenbauer hat heute wortreich versucht, das alles wegzureden. – Das Gesetz werden Sie auch noch brechen, Herr Gusenbauer von den Sozialdemokraten! (Abg. Dr. Niederwieser: Wieso denn?) Sie haben gesagt, es passiere alles auf rechtsstaatlicher Grundlage, und es wäre bisher erfolgreich gewesen. – Ja, aber erfolgreich in Ihrem Sinne, und die rechtsstaatliche Grundlage werden Sie hoffentlich doch einhalten!

Aber worum geht es wirklich in Österreich? – Die Parteien, nämlich ÖVP und SPÖ, haben sich schon lange aus ihrer dienenden Rolle in eine herrschende Rolle begeben. Teile des Landes gehören ihnen. Die Wirtschaftskammer gehört den Schwarzen, die Arbeiterkammer gehört den Roten, diese Wohnbaugesellschaft gehört den Schwarzen, jene gehört den Roten, dieses Bundesland gehört den Schwarzen und jenes den Roten, und so weiter und so fort! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und die Ministerien! – Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und Probleme bekommen Sie dann, meine Damen und Herren, wenn sich irgendwo auf einmal die Machtverhältnisse ändern. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Silhavy: Haben Sie ein Problem damit, Wahlen zu akzeptieren?) Nein, ich habe kein Problem damit, Wahlen zu akzeptieren, Frau Kollegin. (Abg. Silhavy: Tatsächlich?) Ich habe aber ein großes Problem mit der Präpotenz der Macht, durch die vergessen wird, daß Parteien eine dienende und keine herrschende Rolle haben, und daß bei Besetzung von Positionen das Kriterium nicht das Parteibuch, sondern der Mensch ist, der dahinter steht. (Abg. Reitsamer: Nur weil er ein Parteibuch hat, ist er weniger wert?) Wissen Sie, es widerspricht nämlich meiner Auffassung nach sogar den Menschenrechten, Positionen danach zu besetzen, ob jemand "rot" oder "schwarz" ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Gusenbauer hat uns wissen lassen, daß es in Österreich immer noch weit über 1 Million Parteimitglieder gibt. Das hat schon seinen Grund, denn die meisten der 3,3 Millionen unselbständig Beschäftigten wissen, daß sie, wollen sie im öffentlichen oder halböffentlichen Bereich etwas erreichen, halt das Parteibuch brauchen, sonst ist ihre Karriere gleich doppelt so schwierig. (Abg. Koppler: Schnee von gestern!) Das ist ja eigentlich nichts anderes als der Beweis dafür! Wissen Sie, Herr Koppler, daß es in diesem kleinen Österreich gleich viele Parteimitglieder gibt wie in der großen Bundesrepublik Deutschland? (Abg. Silhavy: Gibt es bei Ihnen eine Parteimitgliedschaft?) – Liebe Frau Kollegin! Parteimitgliedschaft halte ich für etwas ganz Ausgezeichnetes (Abg. Dr. Mertel: Sie sind doch keine Partei!), weil das Menschen sind, die sich der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, die bereit sind, ihrem Land zu dienen. (Abg. Reitsamer: Ja!)

Wenn aber die Parteimit... (Abg. Schieder: Sie haben darin ja schon mehrfach Erfahrung!) Richtig! Und wenn die Parteimitgliedschaft ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Reitsamer.) Wenn aber, liebe Frau Reitsamer, die Parteimitgliedschaft der Schlüssel zur Karriere oder dazu wird, eine Wohnung zu bekommen, wenn dadurch dort oder da für einen interveniert wird, wenn offensichtlich ein Drittel der Unselbständigen in Österreich – über 1 Million Menschen! – Parteimitglieder sind, so ist die Präpotenz der Macht offensichtlich. Spätestens dann stellt sich die Frage, wie lange Österreich in diesem Zustand verharren will.

Ausschreibungen in der Wirtschaft werden zur Farce! – Aber natürlich, sie sind ganz gesetzlich abgelaufen, und es sind auch gute Persönlichkeiten herausgekommen. Herr Bundeskanzler, ich stehe nicht an, zu sagen, daß ein Herr Dr. Ditz und ein Herr Dr. Streicher ohne Zweifel zwei Persönlichkeiten des österreichischen Wirtschaftslebens sind, die Fähigkeiten haben. (Abg. Reitsamer: Warum wollen Sie die dann ausschließen?) – Ja merken Sie denn nicht, daß sich unter den Bedingungen, unter denen Sie Ausschreibungen machen, überhaupt kein anderer


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