Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 182. Sitzung / 187

Eines der größten Probleme zur Zeitenwende 1989/1990 war sicherlich die Frage der Wanderungsbewegungen. Wir versuchten damals, entsprechende Maßnahmen entgegenzusetzen, Maßnahmen, die – das habe ich immer eingeräumt – nicht optimal und auch nicht fehlerfrei waren. Aber da frage ich mich: Was ist schon optimal? Und da frage ich weiters: Wer ist schon fehlerfrei?

Wir haben zumindest den Versuch unternommen. Es war kein so schlechtes Ergebnis, wie es vielleicht das eine oder andere Mal erschienen ist, denn sonst hätten nicht in weiterer Folge einige Länder in Europa diese Regelungen übernommen. – Das ist ein Punkt, den ich hier und heute anschneiden möchte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es mir zur Verpflichtung gemacht, wenn ich aus einer Funktion ausgeschieden bin, meinem Nachfolger – das hätte auch einmal eine Nachfolgerin sein können – nur ja keine Ratschläge zu erteilen, weil ich das für fast unanständig halte. Ich habe wirklich versucht, das durchzuhalten, und ich gebe zu, daß ich ein- oder zweimal schwach geworden bin. Aber auch da ist wieder die Frage erlaubt: Wer wird nicht vielleicht wenigstens einmal schwach? – Ich bin ein- oder zweimal schwach geworden, aber man möge mir das verzeihen.

Daher sehe ich mich hier und heute nicht in der Lage, nach meiner insgesamt sechsjährigen Parlamentszugehörigkeit vielleicht sogar dem Parlament einen Ratschlag zu geben; das würde ich mich ganz einfach nicht getrauen.

Ich verbinde jedenfalls dieses Ausscheiden mit dem Wunsch eines Menschen, der mehr als die Hälfte seines Berufslebens in der Politik verbracht hat. Mein "Unternehmen" war das "Unternehmen" Republik Österreich, und da darf man sich, wenn man fast schon ein 25-Jahre-Jubiläum feiert, etwas wünschen. Ich wünsche mir also abschließend von denjenigen, die die Geschicke in unserem Land weiter bestimmen werden, daß sie mir vielleicht eine oder zwei Hoffnungen erfüllen.

Die erste Hoffnung, die ich anspreche, ist, daß der Weg des Miteinanders – ob Sie das jetzt "Sozialpartnerschaft" oder anders nennen, ist gleichgültig –, der ein Markenzeichen der Zweiten Republik ist, weitergegangen werde.

Der zweite Wunsch, den ich habe, ist, daß die Fähigkeit zum Kompromiß, die ebenfalls ein Markenzeichen dieser Zweiten Republik war und ist – diese Fähigkeit inkludiert eine gemeinsame politische Verantwortung –, bestehenbleiben möge.

Zu guter Letzt möchte ich mir wünschen und hoffe das, daß die neutrale Stellung Österreichs in der Welt – die nicht Gesinnungslosigkeit bedeutet, sondern eine kritische Teilnahme im Bewußtsein der eigenen Identität darstellt – nicht aufgegeben wird, ohne daß dafür eine friedensstiftende Sicherheit erhalten wird, auch – ich sage das ganz bewußt, mag man es auch nicht gerne hören – wenn es etwas kostet. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Diese drei Hoffnungen möchte ich hier und heute abschließend auf den Tisch legen.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich bei allen meinen Mitarbeitern in all den Ministerien, in denen ich, wie gesagt, seit 1977 mitwirken durfte. Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern in den Klubs, insbesondere selbstverständlich in meinem eigenen Klub, und hier im Parlament.

Ich bedanke mich bei den Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die in den Ausschüssen mitgewirkt haben, in denen auch ich mitwirken durfte: im Gesundheitsausschuß, im Verfassungsausschuß und zuletzt im Innenausschuß. Sie hatten es besonders schwer, denn sie mußten einen Teil der Last mit mir tragen.

Ich bedanke mich letztendlich bei meiner Familie, denn sie hat es 22 Jahre lang mit mir ertragen müssen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite