Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 1. Sitzung / Seite 17

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Sind Sie nicht der Ansicht, dass, bevor man weiterhin ins Ausland fährt, hier in Österreich das eine oder andere zu tun ist, damit Österreich seine Reputation wahren kann? Herr Kollege Schüssel, Herr Khol, Herr Mag. Klima – und wie sie alle heißen, die reputierlichen Persönlichkeiten dieser Republik –, haben Sie nicht gesagt, es müsse ein neuer Stil in dieser Republik, in der Regierung und auch sonst einkehren? Haben Sie nicht das Gefühl, dass Sie einen Fehlstart machen, wenn Sie diese Wahl einfach so als Geschäftsordnungsangelegenheit abhaken? Glauben Sie das wirklich nicht?

Haben Sie nicht das Gefühl, dass Verantwortung bedeutet, auch die politischen Implikationen dieser Wahlhandlung heute zu berücksichtigen, hier im Land und außerhalb des Landes? – Mir geht es hier vor allem um das Land und nicht so sehr darum, wie das außerhalb interpretiert wird. Aber Ihre Verantwortung heute bei der Abstimmung – und da meine ich nicht nur Herrn Kollegen Schüssel, sondern jede Einzelne und jeden Einzelnen in der Volkspartei, wie Sie hier alle sitzen –, die beginnt hier und heute, jetzt, in Wien.

Was dieses ganze Gerede von Integration und wie freundlich wir doch in Wahrheit zu den Ausländern sind und so weiter betrifft – ich habe Ihnen zugehört, Herr Kollege Schüssel –: Das müssen Sie auch durch Taten in irgendeiner Weise glaubhaft machen! (Beifall bei den Grünen.) Das machen Sie nicht glaubhaft, indem Sie einen Vertreter der Freiheitlichen Partei, die immer genau für das Gegenteil gestanden ist und steht, heute in dieses protokollarisch eminent wichtige Amt der Republik Österreich wählen.

Ich bitte Sie daher, ich appelliere an Sie, ja ich fordere Sie auf, diese Verantwortung auch wahrzunehmen und das nicht als formale Geschäftsordnungsangelegenheit abzutun. Heute keine Stimme für einen Kandidaten der Freiheitlichen: Das wäre ein Signal dieser Republik, um den ganzen Wahlkampf vergessen zu machen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Restliche Redezeit: 9 Minuten. – Bitte.

11.08

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Wahl hat neue Mehrheitsverhältnisse gebracht. Diese Wahlergebnisse haben natürlich auch die Zusammensetzung der Fraktionen verändert. Wir sehen hier herinnen ja ganz deutlich, wie viele Frauen in den einzelnen Fraktionen vertreten sind. Da die Frauen der SPÖ ein großes Anliegen sind, kann ich mit Stolz sagen, dass die SPÖ trotz des Verlustes von sechs Mandaten ihren Frauenanteil von 29,6 Prozent auf immerhin 32,3 Prozent steigern konnte. Die so genannten Wahlsieger, die Gewinner, haben trotz eines Gewinnes von elf Mandaten den Anteil der Frauen reduziert, erheblich reduziert. Und der Frauenanteil bei den Grünen, die sich als die Frauenpartei schlechthin darstellen und mit einem Gewinn von fünf Mandaten gestärkt aus der Wahl hervorgingen (Abg. Haidlmayr: Sieben Frauen!), ist von einer Zweidrittel-Frauenbeteiligung auf 50 Prozent gesunken. Früher hatten sie einen Anteil von 66,7 Prozent, jetzt einen von 50 Prozent. (Abg. Mag. Stoisits: Das machen Sie uns einmal nach, das Absenken von 66 auf 50 Prozent!) Und bei der ÖVP gibt es diesbezüglich eine marginale Verbesserung.

Eine bedauerliche Auswirkung ist in weiterer Folge auch, dass es keine weibliche Klubvorsitzende mehr gibt. Alles, was sich in höheren Positionen bewegt, befindet sich in diesem Haus in männlicher Hand. Daher kann man in dieser Situation die Frauen nur auffordern – und das möchte ich hiermit tun –, in diesem Haus zu neuen Formen der Zusammenarbeit zu finden, und zwar über die Parteigrenzen hinweg.

Meine Damen und Herren! Zum nächsten Thema. Die Wahl des Ersten, Zweiten und Dritten Nationalratspräsidenten ist kein reiner Formalakt. Es geht darum, welche Persönlichkeiten dieses Amt, das nach dem Bundespräsidenten das zweithöchste im Land ist, am besten erfüllen können. Es geht darum, wer durch seine bisherige politische Tätigkeit den hohen fachlichen, moralischen und menschlichen Anspruch, der an diese Funktion immerhin gestellt wird, zu erfüllen vermag.


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