Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 1. Sitzung / Seite 25

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Bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung müssen wir wohl auch nach neuen Wegen suchen, wie das ja auch aus dem Auftrag der Wählerinnen und Wähler vom 3. Oktober erkennbar wurde: neue Wege in der Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen, neue Wege in der Zusammenarbeit zwischen Parlament und Regierung, neue Wege – wenn nur irgendwie möglich – bei der Erhöhung der Qualität unserer parlamentarischen und politischen Arbeit und neue Wege natürlich auch in inhaltlicher Hinsicht.

Ich nehme mir zum Beispiel die Freiheit, bei dieser Gelegenheit zu sagen, wie positiv es wäre und wie positiv es sicher auch in der Öffentlichkeit aufgenommen würde, wenn der österreichische Nationalrat starke Signale seines Interesses am verstärkten Dialog mit Vertretern von Kunst und Wissenschaft aussenden würde, wenn vom Nationalrat positive Impulse zum Beispiel in Richtung der Schaffung einer österreichischen Nationalstiftung für Kunst – nennen wir sie "Millenniumsstiftung" oder nennen wir sie "Stiftung Pro Austria" – ausgehen könnten; oder Impulse für einen Runden Tisch zum Zwecke der Erarbeitung einer gemeinsamen Strategie für vernünftige Reformen und Weiterentwicklungen im Verfassungs- und Grundrechtsbereich. Dies setzt übrigens grundlegende Prinzipien unseres Gemeinwesens, die sich bewährt haben, einschließlich vieler "Baugesetze" unserer Bundesverfassung nicht außer Kraft.

Noch etwas, meine Damen und Herren: Beim Hauptportal des Parlamentsgebäudes auf der Ringseite haben wir vor etwas weniger als zwei Jahren, nämlich am 10. Dezember 1998, in Anwesenheit von Vertretern aller Fraktionen eine Marmortafel angebracht, die den Artikel 1 der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen wiedergibt.

Dieser lautet: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen."

Auch dieses und gerade dieses Prinzip verpflichtet uns bei unserer parlamentarischen Arbeit, und zwar nicht nur in der Theorie: Wir müssen es mit Leben erfüllen! Wir müssen die Menschenrechte, die gleiche Würde aller Menschen ernst nehmen und allen Formen von Fremdenfeindlichkeit entgegentreten, wie das zum Beispiel auch kürzlich Herr Kardinal Dr. König eingemahnt hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei den Grünen sowie der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn, Dr. Riess-Passer und Scheibner. )

Sensibilität ist notwendig, und auch der Herr Vizekanzler hat diesen Begriff in seiner heutigen Rede angesprochen. Aber die Proportionen müssen auch gewahrt bleiben. Ein Verzicht auf sorgfältige Differenzierung wäre nicht zulässig. Und deshalb möchte ich bei dieser Gelegenheit noch einmal und mit großer Bestimmtheit sagen:

Es ist wirklich meine Überzeugung: Österreich ist ein Land, dessen Bevölkerung mit überwältigender Mehrheit – mit einer Mehrheit, die, wie ich glaube, nicht kleiner ist als die Mehrheit in anderen europäischen Staaten – die schrecklichen Verbrechen des Nationalsozialismus und jede Form des Antisemitismus auf das Entschiedenste verurteilt (allgemeiner Beifall)  – ich wiederhole: auf das Entschiedenste verurteilt – und auch um unsere besondere Verantwortung in diesem Bereich Bescheid weiß. Dabei muss es bleiben, und dabei wird es auch bleiben.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht schließen, ohne – auch und gerade in dieser Stunde – nochmals den ausgeschiedenen Mitgliedern des Hohen Hauses ein herzliches Wort des Dankes für ihre parlamentarische Arbeit zu sagen. Ich habe das bereits in der letzten Sitzung vor dem Sommer getan, aber ich wiederhole es, weil heute die neue Gesetzgebungsperiode begonnen hat, und mit dem gestrigen Tag die alte beendet war.

Ich darf stellvertretend für alle meinen Kollegen im Präsidium Herrn Dr. Heinrich Neisser nennen. (Allgemeiner lebhafter Beifall.)

Ich möchte darüber hinaus zwei Mitglieder des Hohen Hauses erwähnen, deren Ausscheiden aus dem Nationalrat vor dem Sommer noch nicht absehbar war. Ich danke dem bisherigen Dritten Präsidenten des Nationalrates, Herrn Dr. Brauneder, für seine Tätigkeit im Präsidium des Nationalrates und für seine korrekte und sachliche Mitarbeit in der Präsidialkonferenz sehr herzlich! (Allgemeiner lebhafter Beifall.)


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