Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 2. Sitzung / Seite 19

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zum parteipolitischen Proporz geschaffen haben, weil das nämlich sehr deutlich macht, was von den politischen Versprechen, die auch seitens des Herrn Bundeskanzlers zur Abschaffung des von Ihnen heute so wortreich begründeten Proporzes abgegeben wurden, zu halten ist.

Wenn man Ihnen zugehört hat, dann musste man das Gefühl haben, dass die Grundlage des sozialen Friedens, der Sicherheit und der Demokratie in diesem Lande nur genau dieser Parteienproporz gewesen ist. Wenn Sie sagen, daß der Rückzug der politischen Kräfte von verantwortungsvollen Aufgaben und aus dem Gestaltungsprozess nicht sinnvoll ist, dann muss ich Ihnen sagen, Herr Finanzminister: Politisches Gestalten kann nicht darin bestehen, eine rot-schwarze Farbenlehre bei der Postenbesetzung durchzusetzen, sondern politisches Gestalten kann nur und muss heißen, Leistung und Qualifikation zur Grundlage von Postenbesetzungen zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben gesagt, Sie haben in Ihrem Ressort als Finanzminister keine Kompetenz in Sachen Proporz und Parteibuchwirtschaft. Dazu muss ich Ihnen sagen: Es mag schon sein, dass Sie keine Kompetenz haben, aber Sie wissen natürlich sehr gut, wie es geht, denn die jüngsten Besetzungen von Gruppenleiterpositionen im Finanzministerium sind eines der vielen Beispiele, die wir heute in dieser Diskussion anführen könnten. Es war nämlich schon vor dem Ende der Bewerbungsfrist in den Medien zu lesen, wer die entsprechenden Stellen besetzen wird. (Abg. Scheibner: So ein "Zufall"!) Diese Stellen wurden natürlich sehr schön entsprechend dem Proporz im Verhältnis zwei zu zwei zwischen SPÖ und ÖVP aufgeteilt, wie dann unwidersprochen in allen Medien nachzulesen war.

Ihre Schalmeientöne in Richtung Objektivierung, die Sie heute am Schluß Ihrer Rede doch noch angefügt haben, sind natürlich auch im Zusammenhang mit der historischen Entwicklung dieser Versprechen, die es von beiden Regierungsparteien seit 13 Jahren gegeben hat, zu betrachten. Dazu muß ich Ihnen sagen: Die Botschaft hören wir seit 13 Jahren, allein uns fehlt der Glaube! Denn schon zu Beginn der Neuauflage der großen Koalition im Jahre 1986 stand ja das Bekenntnis, dass man es ganz anders machen wird, dass man es nicht mehr so machen wird wie früher, dass man vom Parteienproporz wegkommen wird.

Dann gab es im Jahre 1990 den Arbeiterkammer-Skandal. Ich erspare Ihnen jetzt das Vorlesen all dieser tausend Schwüre und Gelöbnisse, die es damals gegeben hat, dass so etwas nie wieder vorkommen wird, dass man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Der damalige Bundeskanzler Vranitzky hat gesagt: Das sind Altlasten aus der Ära Kreisky, mit denen wollen wir nichts mehr zu tun haben. Ich werde ein Vier-Punkte-Programm durchsetzen, damit so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommen wird.

Dann gab es eine Reihe von weiteren Geschichten, die natürlich genau gegenläufig waren. Daraufhin hat im Jahre 1992 der damalige Zentralsekretär der SPÖ, Herr Cap, gesagt: Wir werden eine große Initiative gegen die Privilegienkultur in diesem Lande starten und werden das Vier-Punkte-Programm Vranitzkys – das zum damaligen Zeitpunkt allerdings schon drei Jahre bestanden hat, ohne umgesetzt zu werden – endlich in die Tat umsetzen.

Dann ist wieder nichts passiert. In der Zwischenzeit gab es einige Koalitions- und Regierungsübereinkommen, in denen auch Bekenntnisse, von der Parteibuchwirtschaft und vom Proporz wegkommen zu wollen, enthalten waren. Zwischendurch gab es dann zwei Anti-Privilegien-Volksbegehren der FPÖ. Da hat es dann geheißen: Die sind überflüssig, denn diesen Proporz gibt es ja gar nicht! Die FPÖ macht Volksbegehren gegen etwas, was gar nicht existiert!

Dann – Herr Klubobmann Scheibner hat es schon erwähnt – kam der tragische Selbstmord von Mag. Gerhard Praschak, dem ein Fünf-Punkte-Programm des nunmehrigen Bundeskanzlers Viktor Klima für Klarheit, Offenheit und Kontrolle folgte.

Im März 1999 gab es dann eine Landtagswahl in Kärnten, Tirol und Vorarlberg, nach der Sie, Herr Klubobmann Kostelka, erklärt haben: Wir haben die Botschaft der Wähler verstanden. Es wird eine ganz neue Art der Regierungszusammenarbeit – ohne Proporz und ohne Postenschacher – geben. Wir werden einen neuen Stil machen.


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