Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 2. Sitzung / Seite 138

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Linie die Roma und Sinti. Auch das ist nicht neu – nicht von diesem Rednerpult aus und auch nicht aus meinem Munde neu. Sie haben einen Aufholbedarf, der nach Jahrhunderten zählt. Sie haben nicht nur die üblichen volksgruppenpolitischen Probleme, sie haben auch einen schwerwiegenden sozialen und wirtschaftlichen Aufholbedarf. Nur wer sich an Ort und Stelle, etwa in der Umgebung von Oberwart in den entsprechenden Siedlungen die Dinge angesehen hat, wer mit den Leuten in unmittelbarem Kontakt gestanden ist und steht, kann das beurteilen. Es gibt Volksgruppen, die leben. Es gibt Volksgruppen, denen geht es schlechter, wie etwa den Tschechen, die Probleme in Bezug auf die Komensky-Schule haben. Es gibt auch solche, deren Realität mit all jenen Maßstäben, die wir uns an das Leben und an die Bedürfnisse der Volksgruppen in Österreich anzulegen angewöhnt haben, nicht übereinstimmt, und dazu – ich wiederhole es noch einmal – gehören die Roma und Sinti.

Wir werden uns – Budgetknappheit hin, Sparpaket her – irgendwann einmal doch aufraffen müssen und schauen müssen, dass wir ein Stück weiterkommen. Es geht auch darum, gerade diese Volksgruppe und ihre Angehörigen in eine Situation zu versetzen, die mehr Akzeptanz in ihrer unmittelbaren örtlichen und personellen Umgebung mit sich bringt. Es gibt keine zweite Volksgruppe in Österreich, die so sehr darum kämpfen muss, normal würdevoll behandelt zu werden, wie es bei den Roma und Sinti in ihren angestammten Heimatgebieten der Fall ist.

Wenn wir uns dazu bekennen – und wir alle bekennen uns dazu –, dass die Volksgruppen in Österreich blühen und gedeihen sollen, wenn wir trachten, ihnen dabei entsprechend zu helfen – nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten –, dann wollen wir Freiheitlichen – und, wie ich hoffe, auch alle anderen – auch nicht vergessen, dass das nicht ein Problem ist, das an den Staatsgrenzen Halt macht.

Es ist sicher so, dass etwa die ungarische Volksgruppe in Österreich ihr ausreichendes Maß an Rechten haben soll; es ist aber nach unserer Sicht der Dinge auch so, dass die Volksgruppe der Altösterreicher deutscher Zunge jenseits der Grenze in Ungarn ein etwa adäquates Maß an Rechten finden soll. Das ist in Ungarn nicht so dramatisch. Dort funktionieren die Dinge beiderseits der Grenze mehr oder weniger ausreichend.

Es gibt aber auch andere Bereiche, in denen das keineswegs der Fall ist. Ich erinnere etwa daran, dass es in der Tschechischen Republik – je nach Zählart – noch immer 60 000 bis 100 000 oder, nach Meinung mancher Fachleute, sogar 200 000 Altösterreicher deutscher Zunge gibt – mit null Rechten, mit null Schulen, mit null Kindergärten, mit null Anerkennung ihrer Sprache vor irgendwelchen Behörden, mit null Anerkennung als Volksgruppe.

Es ist in der Slowakei nicht viel anders und nicht viel besser, wenngleich etwas besser.

Es ist in Slowenien ganz schlecht: Dort gibt es noch dazu die Kuriosität, dass es bei der Schaffung der neuen Verfassung nach der Wende zunächst ein sehr ausgewogenes Konzept, einen sehr vernünftigen Entwurf gegeben hat. In diesem Entwurf haben sich als Volksgruppen, die entsprechend anerkannt werden und zu fördern und zu erhalten sind, die Italiener, die Ungarn, die Altösterreicher deutscher Zunge und – was schon wunder nimmt – mit etwas weniger Rechten die Roma und Sinti, gefunden. Irgendwann auf dem Weg durch die Gesetzgebung aber sind die Altösterreicher deutscher Zunge herausgefallen, und nur die anderen sind übrig geblieben.

Mit welchen Argumenten sich die slowenische Regierung mittlerweile bemüht, das zu argumentieren, ist haarsträubend. Dass man zum Beispiel sagt, die Minderheit könnt ihr nur mehr auf den Friedhöfen suchen und Ähnliches, zeugt von einem Zynismus sondergleichen, wenn man sich in Erinnerung ruft, wie man mit diesen Altösterreichern seinerzeit verfahren ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir würden uns wünschen, meine Damen und Herren, oder könnten uns vorstellen – diese Vorstellung müsste die Gestalt von konkreten Wünschen annehmen –, dass wir mittelfristig Beiräte ins Leben rufen, die sich jeweils der Probleme der Volksgruppen diesseits und jenseits einer bestimmten Grenze annehmen. Ein solcher Beirat wäre also etwa mit den Problemen und Rechten der slowenischen Volksgruppe in Österreich befasst, und derselbe Beirat in derselben


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