Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 115

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Ihr Staatssekretär Ruttenstorfer war ja immer sehr bemüht. Aber er hat sich jetzt auch schon verabschiedet und gesagt: Danke, da gehe ich doch lieber zur OMV, die können wenigstens die Preise festsetzen, wie sie wollen!

Anscheinend muss es in Ihrem Ressort noch schlimmer sein, als man meint, sonst wäre er unter Umständen geblieben und hätte seinen Weg fortgesetzt.

Die Sparziele in den Ministerien wurden weit verfehlt. Das ist eine Kritik des Rechnungshofes; nicht die "böse" Opposition sagt das. Alle Ministerien inklusive des Finanzministeriums haben ihre Ziele nicht erreicht. All das wäre noch argumentierbar und diskutierbar, aber das Problem, das Schlimme daran ist, dass diese Budgetpolitik der österreichischen Bevölkerung schweren wirtschaftlichen Schaden zufügt. Das, was Herr Kollege Stummvoll sagt, nämlich dass man einmal im eigenen Haus sparen sollte, ist zwar sehr nobel, hat aber nicht stattgefunden.

Die Selbstdarsteller in den Sozialversicherungsbereichen überschwemmen uns monatlich mit Statistiken. Monatlich wird darüber gejubelt, dass wir beinahe eine Vollbeschäftigung haben. "Vollbeschäftigung" trauen Sie sich aber doch nicht zu sagen. Allerdings gibt es Länder, in denen Vollbeschäftigung erzielt wird. Das sind Südtirol und Bayern. Das sind Beispiele dafür, wie es auch gehen kann. Bei uns jubelt man über den höchsten Beschäftigungsstand und vergisst dabei, dass 50 000 Vollerwerbsarbeitsplätze verloren gegangen sind und durch 70 000 Teilzeitbeschäftigungen ersetzt wurden. Ist das verantwortungsvolle Sozialpolitik? – Dazu kann ich nur sagen, das ist auch ein Punkt des Versagens! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Aktuelle Stunde heute Vormittag kam mir wie eine Flucht nach vorne vor, nach dem Motto: Probieren wir es noch einmal und präsentieren wir der Bevölkerung noch einmal die Ziele, die wir bis 2003 hätten! – Gleichzeitig sagen Sie aber, ich bin eigentlich nicht mehr Finanzminister, ich sitze halt noch ein bis zwei Monate lang da. Das kann es doch nicht sein!

Wir führen heute Diskussionen über die Zukunft Österreichs. Dazu gibt es Zurufe aus den verschiedensten Lagern wie der Industriellenvereinigung und ähnlichem mehr. Da heißt es, eine der dringenden Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft wäre das Anheben des Pensionsalters. Na bravo! Dabei wäre ich ja schon zufrieden, wenn endlich einmal seitens der Regierung Maßnahmen gesetzt würden, um den vorzeitigen Ruhestand einzudämmen. Aber das sind genau jene Industriellenvertreter, die ihre Mitarbeiter gnadenlos ab dem 50. Lebensjahr auf die Straße schicken und der Allgemeinheit ausliefern! Das sind jene, die die Statistiken verfälschen! Das sind die Banken, die Versicherungen und die Großindustrien. Ab 55 ist der Mitarbeiter nichts mehr wert, braucht nichts mehr zu verdienen, er soll nach Hause gehen. Wir brauchen Junge und Neue. – Das ist die Verlogenheit in der Diskussion.

Wenn Sie sich wirklich dazu bekennen, dann muss das aufhören. Oder es sollen auch die Mitarbeiter in der Lage sein, von sich aus zu sagen: Ich habe 42 Jahre lang am Bau gearbeitet, bin jetzt 57 Jahre alt und möchte in Pension gehen. Das sollte er auch können. So lange diese Diskussion nicht ehrlich geführt wird, so lange man nur für die Statistik Politik macht, solange wird man das Ziel einer Sanierung Österreichs nicht erreichen.

Seit Jahren wird die Senkung der Belastungsquote versprochen, aber es tritt nicht ein. Das Einzige, was in unserer Republik bis zum heutigen Tage perfekt funktioniert, sind der Proporz und die Günstlingswirtschaft. Diese funktionieren bis heute. Alle anderen Bereiche sind äußerst stark sanierungsbedürftig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich darf Ihnen auch eines sagen, Herr Finanzminister Edlinger: Sie werden als Stempelmarkenminister in die Geschichte dieser Republik eingehen. Ich sage Ihnen auch, warum. Ihre Ausführungen weisen im Verhältnis zur Wirklichkeit eine ebenso große Lücke auf, wie sie Sie im Budget wieder finden. Sie haben uns vor vielen Monaten versprochen, Sie werden die Stempelmarken abschaffen, und haben auch ein großes Fest dazu veranstaltet.

Was ist passiert? – Sie richten im Finanzministerium eigene Stempelgebührenentrichtungsstellen ein, die noch immer blendend funktionieren mit dem Kassabuch aus dem Jahre 1910. So


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